: Wie geht es uns, Herr Küpperbusch?
Logisch, dass Rüttgers die Zechen früher schließen will: Ein Börsengang der RAG hieße treffender Börsenunfallflucht. Sagte man ihn ab, hätte man ein Unternehmen, das sich konstruktive Gedanken über die Kohlezukunft machen müsste
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Ich möchte meine Mailbox nicht mehr von irgendwelchen Pro-Steinmeier-Argumentationshilfen-Verschickern zugemüllt bekommen, ich kann selber Zeitung lesen.
Was wird besser in dieser?
Habe mich, trotz der Steuervorteile, entschieden, 2008 zu überleben.
Verstehen Sie, warum das Thema Begnadigung der letzten RAF-Gefangenen mit solchem medialem Lärm verhandelt wird?
Nein. Isses die Rache der Vollspießer an denen, die schlimme Irrtümer riskiert haben, statt gleich so zu werden wie Papa? Stimmt schon – wer sich gleich auf den langen Arsch durch die Instanzen gemacht hat und also heute angegraut auf ein ziemlich langweiliges Leben zurückblickt, weiß – für ihn gibt’s keine Gnade: Der muss mittlerer Abteilungsleiter oder gar Redakteur bleiben.
Hat die Linke, was die RAF angeht, noch historischen Nachholbedarf betreffs Selbstkritik?
Die RAF war ein Produkt dieser Gesellschaft, nicht eines „der Linken“. Die Frage ist, sorry, mindestens gaga, wenn nicht sogar ein bisschen markwort.
Ist ein Schlussstrich unter das Kapitel RAF fällig – oder geht das nicht, solange noch RAF-Taten unaufgeklärt sind?
Im Zweifel muss gerade Unmenschlichkeit durch erbarmungslose Menschlichkeit abgestraft werden. Die Werkzeuge dazu, also etwa die individuelle Begnadigung, reichen aber aus. Dabei spielt der Respekt vor den Angehörigen der Opfer zu Recht eine wichtige Rolle. Allerdings: Die Opfer kann man nicht mehr ins Leben zurückholen – die Täter vielleicht doch. Hat ja niemand versprochen, dass Humanismus großer Party-Spaß für Bundespräsidenten wäre.
Rüttgers will schon 2014, nicht erst 2018 die Steinkohle-Subvention beenden. Das wirkt einerseits blöd, weil sich alle schon auf 2018 geeinigt hatten – aber hat er nicht recht? Wäre es nicht viel klüger, das Geld wo anders reinzustecken, etwa in Alternativ-Energien?
Kernproblem sind die Lustfantasien der Shareholder-Fraktion über die „weiße“ Ruhrkohle : Immobilien, Chemiesparte, Versorgungsunternehmen – alles hochprofitabel – will RAG-Chef und Völlig-zu-Recht-nicht-mehr-Wirtschaftsminister Müller als leckere Häppchen den Heuschrecken servieren. Die „Ewigkeitskosten“ des Bergbaus hingegen – Grubenwasserhaushalt, Grundwasserverschmutzung, Bergschäden, auch Altersversorgung – möge Rüttgers sich doch von den Steuerzahlern holen, wenn das Börsengeld verbrannt ist. Logisch also, dass der die Zeche früher schließen will, da er sie selber zahlt. Der Börsengang der RAG hieße also treffender Börsenunfallflucht, und sagte man ihn ab, hätte man ein Unternehmen, das sich konstruktive Gedanken über die Kohlezukunft machen müsste.
Der Klimawandel wird immer offensichtlicher. Warum bricht Kanzlerin Merkel trotzdem wieder eine Lanze für die deutschen Autobauer – und gegen eine Reduzierung des CO 2 -Ausstoßes?
Merkel bockt gegen eine CO2-Reduktion, die manche Kfz-Marken unberührt ließe, einige deutsche hingegen empfindlich träfe. Also kann man die Frage auch umgekehrt stellen: Warum will die EU schmutzige Kleinwagen und saubere Limousinen?
Am Wochenende treffen sich Putin, Merkel und der neue US-Verteidigungsminister Gates bei der alljährlichen Münchener Sicherheitskonferenz. Was soll Merkel sagen?
„Guten Tag“… „Hallo Jungs“…
Die USA richten sich im Irak verstärkt gegen „iranische Agenten“, die den Terror im Irak unterstützen. Manche halten das für die Ouvertüre eines Luftangriffs der USA auf Iran. Ist das realistisch?
Jedenfalls managen den Restfrieden dort derzeit die Russen via Sicherheitsrat: Wie viel Sanktionen, wie viel Toleranz – gegenüber der iranischen Atomrüstung. Gerade weil es an Putin viel berechtigte Kritik gibt, schaudert’s mich, dass mir sein Vorgehen immer noch rationaler vorkommt als das der derzeitigen US-Administration.
Heynckes, Doll, und Magath sind innerhalb von zwei Tagen rausgeflogen. War das der Griff zur Notbremse – oder eine Zeichen, wie irrational die Bundesliga geworden ist?
Die drei Führungskräfte haben – dabei Doll und Magath deutlich – die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Das ist ein wesentlicher Aspekt an der Beliebtheit des Fußballs als Projektionsfläche: Wären die drei Clubs drei Unternehmen, hätte man halt irgendwelche Belegschaften gefeuert. So gesehen geht’s im Fußball vordemokratisch-märchenhaft zu.
Und was macht Borussia Dortmund?
„Dreht euch um“, rät www.schwatzgelb.de den Fans, nachdem in Halbzeitpausen zunehmend degoutanter Unsinn zugemutet werde. Etwa gestern Abend ein Gastspiel von Heidi Klums Hungerhippenhitparade „TopModell“. Dem dreisten Sender-Kalkül „paar halbnackte Mädchen vor 70.000 Ruhrgebiets-Bunken“ sei der Rücken zu zeigen, damit die Clubführung mal was merke. FRAGEN: SR, RR
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