piwik no script img

Guten Mutes

Real Madrid blamiert sich weiter in der Liga – nur ein Erfolg gegen Bayern kann Trainer Capello noch retten

MADRID/BERLIN dpa/taz ■ Was der Bundesliga momentan der FC Bayern, das ist der spanischen Primera Division Real Madrid. Rekordmeister haben es momentan irgendwie nicht so recht leicht. Die Königlichen steigen immer tiefer hinab in die Abgründe beinahe schon ärmlichen Vasallentums. Der iberische Rekordmeister macht es sich langsam zur Gewohnheit, seine anspruchsvollen Fans im Santiago-Bernabéu-Stadion zu enttäuschen. So auch am Samstag beim eher unansehnlichen 0:0-Gequäle gegen Betis Sevilla, einem Klub aus der unteren Tabellenhälfte.

In der Presse wird der Ruf nach einer Entlassung von Trainer Fabio Capello immer lauter, ja man erwähnt bisweilen nicht einmal mehr seinen Namen, so wie Harry Potter, über dessen Lippen niemals der Name des bösen Lord Voldemort kommen würde: „Der Italiener scheint es darauf angelegt zu haben, den Ruf des besten Clubs des 20. Jahrhunderts zu zerstören“, wetterte die Sportzeitung As am Sonntag.

In der Tat agierte der Startrainer in letzter Zeit eher unglücklich. Zuerst ließ er David Beckham auf der Tribüne schmoren. Dann, als der seinen Wechsel in die USA bekannt gab, schien der Engländer endgültig für Capello gestorben zu sein. Er dürfe zwar weiter mittrainieren, ein Einsatz komme aber nicht mehr in Frage, befand Capello. Dies rief Beckhams Teamkollegen auf den Plan, die umgehend seine Begnadigung forderten. Auch die ewig meckernde Journaille setzte Capello unter Druck, Beckham doch bitte für sein unanständiges Gehalt auch arbeiten zu lassen. Der Coach gab nach, und Beckham traf direkt gegen Saragossa zum Ausgleich. Der bärbeißige Capello, der ach so Gestrenge, zeigte Schwächen. Nun besorgte sich der gefallene Flankengott früherer Jahre selbst eine Auszeit und ließ sich am Samstag gegen Betis Sevilla vom Platz stellen. Gerade gefoult trat er gegen Kontrahent Isidoro nach, als wären ihm zwei Spiel hintereinander schon wieder genug.

Auch Ronaldo übt sich in Vergeltung für die Behandlung durch den Italiener. Nachdem der ihn für 7,5 Millionen Euro nach Mailand verramschte, trifft der Überbissträger wieder wie zu seinen Glanzzeiten. Im Debüt gegen Siena (4:3) erzielte der Brasilianer prompt einen Doppelpack. Capello wollte ihn nicht mehr.

Dabei schossen die Madrilenen in elf Heimspielen nur zwölf Tore und gaben 15 Punkte ab – die schlechteste Bilanz der 105-jährigen Vereinsgeschichte. „Real ist auf dem Weg ins Elend“, befürchtet gar die Zeitung El Mundo. Gegen Betis hatte nur Ruud Van Nistelrooy eine erwähnenswerte Torchance, ansonsten war Flaute im Real-Sturm. Im Gegenteil schienen die Gäste (ohne den verletzten David Odonkor) irgendwie Mitleid mit den kränkelnden Stars zu haben und überboten sich selbst im Vergeben von Konterchancen. „Ronaldo schlägt Capello 2:0“, lautete das bitterböse Fazit von As.

Die Sportzeitung Marca geht nun davon aus, dass das Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Bayern über die Zukunft des Trainers entscheidet: „Nur wenn Real die Bayern ausschaltet, kann Capello sich im Amt halten.“

Allerdings ist Spaniens meistverkaufte Zeitung ob der ebenfalls formschwachen Münchner guten Mutes: „Kein Grund zum Verzweifeln, liebe Real-Fans! Der FC Bayern ist noch schlechter.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen