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Senatorin richtet Staatsanwalt

Nach markigen Sprüchen über straffällige Gewalttäter droht Oberstaatsanwalt Roman Reusch ein Disziplinarverfahren. Doch seine Kollegen kritisieren das entschiedene Vorgehen der Justizsenatorin

VON PLUTONIA PLARRE

Es ist nicht das erste Mal, dass der für markige Sprüche bekannte Oberstaatsanwalt Roman Reusch für Aufsehen sorgt. Bei einer Tagung des Evangelischen Jugendhilfswerk machte er vor Jahren Schlagzeilen, als er jugendliche Gewalttäter mit kleinen Klapperschlangen verglich. Die damalige Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) war kurz davor, gegen Reusch disziplinarisch vorzugehen, nahm dann aber doch davon Abstand.

Jetzt droht dem Leiter der Abteilung 47 bei der Staatsanwaltschaft ein Streitgespräch im Spiegel zum Verhängnis zu werden. „Diese Äußerungen sind zum Teil absolut inakzeptabel“, sagte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Heute will sie vom Generalstaatsanwalt und dem Leitenden Staatsanwalt einen Bericht entgegennehmen, ob Reuschs Äußerungen „disziplinarrechtlich relevant“ sind.

In dem vergangene Woche vom dem Nachrichtenmagazin veröffentlichten Streitgespräch mit einem Strafrechtsprofessor hatte Reusch gesagt, Jugendliche würden nicht mehr den „dicken Max“ machen, wenn sie einmal in Untersuchungshaft gesessen hätten. Dann folgte der vielleicht verhängnisvolle Satz: „Wenn es rechtlich irgendwie möglich ist, greifen wir zur U-Haft als Erziehungsmittel.“ Damit, so von der Aue, habe Reusch sich und seinen Kollegen „einen Bärendienst erwiesen“. Staatsanwälte verhängen keine U-Haft; sie wird von Richtern angeordnet und ist keine Erziehungsmaßnahme. Gründe sind Flucht- und Verdunklungsgefahr und bisweilen, wenn bei besonders schlimmen Gewalttätern Widerholungsgefahr besteht.

Der 53-jährige Reusch ist Leiter einer aus zehn Dezernenten bestehenden Sonderabteilung für junge Intensivtäter. Darunter fallen Jugendliche und junge Erwachsene, die bereits mehr als zehn Straftaten oder mehrere besonders schwere Taten auf dem Konto haben. Berlin schmückt sich gern mit der seit 2003 bestehenden bundesweit einmaligen Abteilung 47. Gemessen daran, dass der Ruf nach härteren Strafen für jugendliche Gewalttätern in großen Teilen der Gesellschaft immer lauter wird, können Reusch und sein Team für sich durchaus in Anspruch nehmen, erfolgreich zu arbeiten.

Die Ankündigung, disziplinarische Ermittlungen gegen Reusch zu prüfen, stößt in Kreisen der Staatsanwaltschaft auf allgemeines Unverständnis. Die einen sind zwar der Auffassung, dass die Aussagen Reuschs nicht vertretbar seien. Für sie ist die Reaktion der Justizsenatorin aber absolut überzogen. Andere sprechen von einer ungeschickten Äußerung, werfen von der Aue allerdings vor, sie hätte Reusch anhören müssen. Stattdessen habe sie ihn in einem Zeitungsinterview vorverurteilt.

Selbst der grüne Bundestagsabgeordnete und frühere Justizsenator Wolfgang Wieland spricht von einer dummen Aussage, die Reusch schnell korrigieren solle. „Grundsätzlich gilt aber: Auch Staatsanwälte haben ein Recht auf Meinungsfreiheit“, so Wieland.

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