piwik no script img

Geheime Versuche mit Impfstoff gegen Biowaffen

Israelische Armee experimentierte mit Impfstoff gegen Anthrax. Zahlreiche Versuchspersonen leiden unter schweren Gesundheitsschäden

Die israelische Armee hat an hunderten von Soldaten geheime medizinische Versuche ausgeführt, die zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen den biologischen Kampfstoff Anthrax dienen sollten. Die israelische Zeitung Ha’aretz berichtete unter Berufung auf Informationen des israelischen Fernsehens, bei dutzenden der Teilnehmer seien in den letzten Jahren schwere Gesundheitsschäden aufgetreten.

Das israelische Verteidigungsministerium bestätigte inzwischen die Menschenversuche. Es teilte mit, die von den zuständigen Stellen genehmigten Versuche hätten dazu gedient, „den Schutz der israelischen Bevölkerung vor strategischen Bedrohungen zu verbessern“, und seien auf freiwilliger Basis erfolgt. „Die Soldaten, die daran teilgenommen haben, haben genaue Erklärungen über den Versuch erhalten und hatten jederzeit die Möglichkeit, auszusteigen.“

Anthrax, auch Milzbrand genannt, ist eine Infektionskrankheit, die durch sporenbildende Bakterien, Bacillus anthracis, verursacht wird. Sie gelten neben den Auslösern von Pocken, Pest und Cholera als potenzielle Biowaffe. Natürlicherweise kann Bacillus anthracis von Tieren oder deren Produkten auf den Menschen übertragen werden.

Den Medienberichten zufolge begannen die Versuche an 800 Soldaten im Jahre 1999. Die Soldaten hätten die Auflage bekommen, niemandem etwas davon zu erzählen. Einige von ihnen hätten später Hauttumore, schwere Lungenentzündungen, heftige Kopfschmerzen, Bronchitis und Symptome von Epilepsie erlitten. Verteidigungsministerium und Armee hätten jedoch nicht die medizinischen Versorgungskosten übernommen.

Einer der Soldaten sagte dem Fernsehen, eine Gruppe habe den bestehenden US-Impfstoff gegen Milzbrand und eine zweite den in Israel entwickelten experimentellen Impfstoff erhalten. Man habe gesagt, dass der Stoff vollkommen ungefährlich sei.

Der ehemalige Gesundheitsbeauftragte der Armee, Giora Martinovich, erklärte dem israelischen Rundfunk, die Versuche seien angeordnet worden, weil man damals Angriffe aus dem Irak mit biologischen Kampfstoffen befürchtet habe. Ein israelischer Impfstoff sollte zur Verfügung stehen, weil der US-Impfstoff gegen Milzbrandbakterien damals nicht in großen Mengen zu kaufen gewesen sei. DPA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen