: Baustelle Afrika
Zu wenig Strom, schlechte Straßen: Mangelhafte Infrastruktur ist das größte Wachstumshindernis
BERLIN taz ■ Die Geschichte von Mo Ibrahim ist Afrikas neueste Erfolgsstory. Vor neun Jahren gründete der Sudanese eine Mobilfunkgesellschaft, mit seinem eigenen Geld. „Du bist verrückt“, erinnert er sich an die Reaktion seiner Freunde damals. Heute ist die Mobilfunkfirma Celtel einer der Marktführer in Afrikas Handysparte, präsent in 15 Ländern. Und vor zwei Jahren verkaufte Ibrahim seine Kreation für dreieinhalb Milliarden Dollar.
Mit Zuwachsraten von 50 Prozent im Jahr ist die Handybranche Afrikas größter Wachstumssektor. Erst seit einem Jahrzehnt gibt es auf dem Kontinent überhaupt Mobiltelefone – heute hat bereits ein Fünftel der Afrikaner eins. Das zeigt, was in Afrika möglich ist – und warum. Für Mobilfunknetze braucht man keine Leitungen. Die Kunden zahlen mit Prepaid-Karten, was Einnahmen verlässlich macht.
Telekommunikation, Verkehrswege, elektrischer Strom und fließendes Wasser – das sind die vier Grundsektoren des Bereichs Infrastruktur, um den sich derzeit die meisten Beratungen über mehr Investitionen in Afrika außerhalb der Rohstoffextraktion drehen. Nur ein Fünftel der 900 Millionen Einwohner Afrikas hat Strom, so Michel Wormser, Weltbankdirektor für „nachhaltige Entwicklung“. Es gibt heute weniger gute Straßen in Afrika als vor 30 Jahren, aber die Bevölkerung hat sich verdoppelt. „Infrastruktur“, so Wormser, „wird bald der wichtigste Engpass für eine Fortsetzung des Wirtschaftswachstums sein.“
Das Vorbild Mobilfunk, wo private Unternehmen in wenigen Jahren mehr Menschen erreicht haben als staatliche Festnetze in fünf Jahrzehnten, ist nicht übertragbar. Private Investoren interessieren sich nur, wenn sie ihr Kapital bald zurückkriegen. „Das schließt langfristige Projekte mit geringem Einnahmepotenzial aus“, sagt Jens Peter Breitengross, der eine Handelsfirma leitet. „Straßen, wo Gebühren auf kleinstem Niveau an Mautstellen eingetrieben werden, oder Wasser, wo man Gebühren eintreiben muss, sind sehr riskante Projekte. Der Privatsektor kann dort einsteigen, wo es regelmäßige und sichere Einnahmen gibt. Ich sehe gute Chancen für kleinere Trinkwasseranlagen und Wasserkraftwerke oder geothermische Energie.“
Es gibt unzählige Großprojekte für die Verbesserung von Afrikas Infrastruktur, aber nur die wenigsten davon sind in der Phase der Realisierung. Öffentliche Entwicklungshilfen für diesen Bereich sind laut Weltbank von 3,9 Milliarden Dollar 2004 auf 5,3 Milliarden im vergangenen Jahr gestiegen. Privatinvestitionen belaufen sich auf 4 bis 6 Milliarden Dollar im Jahr. Das reicht nicht, hieß es auf dem Berliner Weltbankforum: Afrika braucht ab sofort 22 Milliarden Dollar Infrastrukturinvestitionen pro Jahr über die nächsten zehn Jahre plus weitere 17 Milliarden jährlich für die Erhaltung bestehender Einrichtungen.
Das sind gigantische Summen. Aber sie sind machbar. Edward Njoroge, Direktor der kenianischen Elektrizitätsgesellschaft KenGen, erinnert sich an die Teilprivatisierung seines Unternehmens 2005: „Innerhalb von drei Wochen betrug die Nachfrage 345 Millionen Dollar, alles aus Kenia. Wir waren zweieinhalbfach überzeichnet.“
Für Gilbert Mbesherubusa von der Afrikanischen Entwicklungsbank liegt das Problem vor allem darin, dass zu wenig Ideen bisher den Sprung zu einem ausgearbeiteten Investitionsplan schaffen – vor allem, wenn mehrere Staaten betroffen sind. Gerade hier ist der Bedarf am größten: zum Beispiel Straßen vom Inneren des Kontinents an Handelshäfen oder grenzüberschreitende Stromnetze. Einfach sehen solche Dinge nur auf Landkarten aus. DOMINIC JOHNSON
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