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Patente auf Grippeviren und Impfstoffe

Indonesien wehrt sich dagegen, dass die Pharmaindustrie mit kostenlos gelieferten Virenproben kräftige Gewinne machen kann

Die Weltgesundheitsversammlung (WHA), das oberste Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO), hat mit einer neuen Resolution zum Austausch von Virenproben einer fairen und gleichberechtigten Versorgung armer Länder mit Impfstoffen im Fall einer Vogelgrippepandemie den Weg bereitet. Die Resolution entschärft einen Konflikt zwischen Entwicklungsländern und dem WHO-Sekretariat um den kostenlosen Austausch von Virenproben.

Indonesien und andere Staaten hatten gegen die kostenlose Weitergabe von Virenproben protestiert, die Pharmaunternehmen für die Entwicklung patentrechtlich geschützter und kommerziell gehandelter Medikamente nutzen. Die armen Staaten könnten sich diese Mittel kaum leisten.

Auch wenn sich die neue Resolution nicht mit dem Problem des Patentrechts auseinandersetzt, so sieht sie die Erstellung eines Expertenberichtes vor, der sich mit Patenten im Hinblick auf Grippeviren und ihre Gene befasst. Die Studie soll nach Fertigstellung an eine Arbeitsgruppe weitergeleitet werden, die dann bis November einen Abschlussbericht vorlegt.

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bewerten die Resolution als einen entscheidenden Schritt nach vorne. „Sie gibt den Ländern des Südens ein starkes Instrument an die Hand und ersetzt einen Mechanismus, der sich als wirkungslos herausgestellt hat“, sagte Sangeeta Shashikant vom Genfer Büro des in Malaysia angesiedelten Third World Network (TWN). „Das bisherige System hat den Entwicklungsländern nichts gebracht.“

Der gleichen Ansicht ist Indonesien, das den WHO-Kooperationszentren im März zwar Proben des Vogelgrippevirus H5N1 zur Verfügung gestellt hatte, jedoch monierte, dass die daraus entwickelten Seren für die meisten Entwicklungsländer und auch für Indonesien unerschwinglich sein würden.

Indonesien und andere Entwicklungsländer stehen auf dem Standpunkt, dass es ungerecht ist, Virenproben kostenlos zur Verfügung zu stellen, aus denen dann kommerziell gehandelte und patentierte Medikamente entwickelt würden. Dies hat nicht zuletzt zur Folge, dass die weniger grippegefährdeten, reichen Industriestaaten die Medikamente horten können, während sich die besonders betroffenen armen Länder des Südens die teuren Impfstoffe in großen Mengen nicht leisten können.

In der Diskussion über den Austausch von Virenproben nehmen die internationale Pharmaindustrie und das WHO-Sekretariat einen ähnlichen Standpunkt ein. „Wir arbeiten eng mit den WHO-Kooperationszentren zusammen, weil dies extrem wichtig ist“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Harvey Bale, Generaldirektor der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA), einer unabhängigen Organisation mit Sitz in Genf, die die Interessen der Pharmakonzerne in Nord und Süd vertritt. „Wenn sich die betroffenen Staaten weigern, der Weltgesundheitsorganisation H5N1-Proben auszuhändigen, bringen sie sich und andere Länder in Gefahr.“

Bale wirft Indonesien Inflexibilität vor, die die WHO in eine schwierige Situation gebracht habe. „Unsere Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Impfstoffe auch den ärmsten Ländern der Welt zugänglich sind.“ Die Einwände Indonesiens seien ungerechtfertigt, so der Lobbyist.

GUSTAVO CAPDEVILA/IPS

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