: Was tun bei drohender Schülergewalt?
Es gibt einen Erlass über die Zusammenarbeit von Schule und Polizei. Was in Huckelriede versäumt wurde, bleibt offen
Wie geht man mit gewalttätigen Schülern um? Seit dem Vorfall an der Wilhelm-Kaisen-Schule in Huckelriede, wo ein als aggressiv bekannter Schüler einen anderen mit einem Messer verletzt hat, ist diese Frage in Bremen wieder aktuell. Eine Antwort ist allerdings nicht in Sicht, vor allem keine einfache.
Seit Mitte des Jahres gibt es einen Erlass, der die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Polizei regeln soll. Dabei geht es darum, in welchen Fällen die Schulleitung dazu verpflichtet wird, die Polizei einzuschalten. Dabei geht es um „schwere drohende Gefährdung“ von SchülerInnen und LehrerInnen. Bei Schülern, die andere verprügeln, bedrohen oder sexuell missbrauchen, seien pädagogische Maßnahmen durch Lehrer und Sozialpädagogen nicht mehr ausreichend, sagt der Jugendbeauftragte der Polizei, Frank Kunze: „Wenn wir in Uniform erscheinen, macht das einfach einen anderen Eindruck, viele haben vor uns Respekt und vor der Lehrerin aber nicht.“ Er sei froh, dass die Zeiten vorbei seien, in denen Polizisten auf dem Schulhof nichts zu suchen hatten, die meisten Lehrer würden die Kontaktbereichs-Beamte, kurz Kobs, als Hilfe schätzen.
Allerdings gebe es Schüler, bei denen auch die Polizei nicht weiter käme, wie in dem Fall in Huckelriede, räumte Kunze ein. Hilfreich könnte der so genannte Warnschuss-Arrest sein, wie es ihn in anderen Bundesländern gibt. Dabei wird ein Täter, der eine entsprechende Straftat begangen hat, ein Wochenende eingesperrt. „Die müssen sehen, dass ihre Taten folgen haben“, so Kunze. Für kontraproduktiv hält er jedoch „richtige“ Knastaufenthalte. „Da lernen die nichts, außer die falschen Leute kennen.“
Skeptisch ist Kunze gegenüber Maßnahmen wie dem Anti-Aggressionstraining: „Man müsste mal evaluieren, was das bringt, wie viele danach wieder rückfällig werden.“ Ein Problem der Kurse sei, dass die Teilnehmer dort neue „Freunde“ finden würden: „Danach gehen die zusammen los.“
Kritisch betrachtet Kunze auch die Sparpläne des Senats. „Die beste Sicherheitspolitik ist eine gute Sozialpolitik.“ Jugendfreizeitheime zu schließen und bei Migrationsprojekten zu sparen, würde nur zu mehr Jugendkriminalität führen, ist Kunze überzeugt.
Die Bildungssenatorin setzt derweil auf ein Gewaltpräventionskonzept, das zwischen den Behörden Bildung, Inneres, Soziales und Justiz abgestimmt wurde. Dieses solle noch in diesem Jahr beschlossen werden. Zusätzlich werde geprüft, sagt die Ressortsprecherin Karla Götz, ob es sinnvoll sei, dieses um ein Hamburger Modell zu erweitern: „Das setzt sehr frühzeitig an, auffällige Kinder werden dort schon begleitet, bevor sie straffällig werden.“
Dass die Bildungsbehörde, wie es ihr von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vorgeworfen wurde, in der Vergangenheit „konzeptlos“ gehandelt habe, wies Götz von sich. Gewalttätige Schüler seien nach dem Konzept für Schulvermeider behandelt worden. SchülerInnen können danach z.B. in Werkstätten beschäftigt werden.
Mit welchen Maßnahmen an der Wilhelm-Kaisen-Schule versucht wurde, der Probleme Herr zu werden, solle „genau aufgeklärt“ werden, so die Bildungssprecherin Götz. Unter anderem müsse geprüft werden, wie effizient die vier Sozialpädagogen eingesetzt wurden. eib
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