piwik no script img

Erst Krawall, dann zum Ball

„Für Frauenbefreiung weltweit“und gegen das Kaputtsparen – Hamburger Aktionen zum 8. März, zusammengestellt  ■ von Vanessa Ogle

Betulich soll es nicht werden, das ausgesprochen weibliche Ereignis. „Morgens Krawall ... und abends zum Ball“betitelt ein extra zu diesem Anlaß gegründetes Hamburger „Frauenbündnis 8. März“– ein breites Spektrum von Frauen, Lesben und Projekten – den schon etwas in die Jahre gekommenen Internationalen Frauentag – Geburtsjahr 1911. Deshalb: Frauen und Lesben der Stadt, vereinigt Euch, Ihr habt nichts zu verlieren, außer diesem Tagesplan! Hier finden sich die obligatorischen Termine zum Protestieren, Informieren und vor allem zum Feiern.

Morgens um 11 Uhr am Karl-Muck-Platz geht's los: „Für Frauenbefreiung weltweit“wird demonstriert – gegen ökonomische und sexuelle Gewalt und Rassismus. Keine abgedroschenen Floskeln, sondern mehr denn je zentrales Thema der weiblichen Diskurse: Die Abschaffung des Paragraph 19 AusländerInnengesetz (Personen, die per Familiennachzug in die Bundesrepublik einwandern, erhalten in der Regel erst dann ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn die Ehe rechtmäßig für vier Jahre im Bundesgebiet bestanden hat) wird in diesem Zusammenhang eine der wichtigsten Forderungen. Wie auch die Anerkennung von geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund. Um Migrantinnen ein offenes Forum zu gewährleisten und ihnen die Kommunikation zu erleichtern, wird es (Gebärden)Dolmetscherinnen und einen Migrantinnenblock geben.

Wenn sich um 13 Uhr die Frauen zur Abschlußkundgebung auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz treffen, dann hat dort der „Spar-Markt der (Un)Möglichkeiten“bereits seit einer Stunde seine Stände aufgebaut. Die Bündnis-Frauen wollen den Tag (bis 15 Uhr) dazu nutzen, auf „die spezielle Betroffenheit von Frauen von der herrschenden Sparpolitik in Hamburg bzw. in der BRD“aufmerksam zu machen. Dröge-informativ soll's aber nicht zugehen, Straßentheater, Dosen-Werfen oder ein Gummibärchen-Orakel werden die Tatsache versüßen, daß die sich immer mehr verschlechternde finanzielle Situation von Hamburger Frauenprojekten und -initiativen inzwischen fast unhaltbar geworden ist.

Mit solcherart Mängeln kämpfen u.a. die Frauen des Frauenbildungszentrums „Denk(t)räume“seit einigen Jahren und veranstalten zu gegebenem Anlaß um 21 Uhr das große Benefizfest im Curio- Haus, unterstützt von den Bündnis-Frauen. In zwei Sälen hat frau die Gelegenheit, die ganze Nacht hindurch Disco oder Standard zu tanzen. Neben vielen anderen Künstlerinnen wird als krönender Abschluß Angelina Akpovo mit ihrer „Black Women Power“auftreten.

Zeit für Begegnungen wird es aber auch noch andernorts geben: Die Ausländerinitiative St. Georg e.V. lädt zum Fest in die Lange Reihe Nr. 30. Hier wird ab 15 Uhr gezaubert, gelesen und getanzt. Dazu werden kulinarische Leckerbissen aus aller Frauen Länder die Gaumen erfreuen.

Auch die Sphinx-Frauen veranstalten neben ihrem „Post-Demo-Café“, wo ab 15 Uhr zum Kaffeeklatsch geladen wird, ein Internationales FrauenLesben-Fest für alle, die ab 19 Uhr schon Samba tanzen möchten. Der Erlös geht an internationale FrauenLesben-Projekte. Ein Migrantinnen-Fest gibt's im Café 1, Altonaer Straße 63, ab 20 Uhr.

Zeitgleich zur Demo finden ebenfalls Veranstaltungen statt. So feiert die Frauengeschichtsgruppe Ottensen den frisch beschilderten Alma-Wartenberg-Platz zwischen Bahrenfelder Straße und Friedensallee (siehe dazu auch Seite 42) von 11 bis 13 Uhr mit einem Platzfest – bei Regen in den Zeisehallen. Die DKP-Eimsbüttel lädt zum Gedenken an die ermordeten Frauen im Nationalsozialismus um 11 Uhr auf den Ohlsdorfer Friedhof, Kapelle 11. Ab 15 Uhr veranstalten DKP-Frauenarbeitskreis und Kurdisches Volkshaus eine Diskussionsveranstaltung im Magda-Thürey-Zentrum, Lindenallee 72. Thema: Die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen unterschiedlicher Nationalitäten in der BRD.

Zum Empfang in den Marmor-saal des Deutschen Schauspielhauses bittet ab 18 Uhr der DGB-Landesbezirk Nordmark. Anschließend kann die Theatervorstellung „Sekretärinnen“besucht werden.

Pinnebergerinnen müssen nicht nach Hamburg reisen, um den Tag angemessen zu verbringen. Die Drostei, Dingstätte 23, lädt ab 19 Uhr zum Frauenfest. Geboten wird Livemusik von den Hamburger Stadtmusikatzen mit Disco und Buffet. Der Eintritt für das Fest, das vom Frauenhaus und vom Frauennetzwerk Pinneberg veranstaltet wird, beträgt 20, ermäßigt 15 Mark.

Auch die Romero-Tage haben ihre Auftaktveranstaltung ganz auf Frauen ausgerichtet: Frauenpolitik in El Salvador, Workshops zum Beispiel zu feministischer Theologie, Musik aus Paraguay, alles ab 10 Uhr in der Johannesgemeinde, Bahnhofstraße 75, in Norderstedt. Hier hat frau die Qual der Wahl, denn die „Mädchen- und Frauenräume“haben sich mit der Gleichstellungsstelle/Frauenbüro der Stadt Norderstedt zusammengetan und unter Mitwirkung des Fördervereins Frauenhaus e.V und der DAG-Frauen ein Tagesprogramm zusammengestellt. Von 10 bis 13 Uhr informiert Frauen e.V mit einem Stand im Heroldcenter, von 12 bis 14 Uhr laden die Mädchen- und Frauenräume zu einem Brunch für Mädchen und Frauen in die Segeberger Chaussee 3-7. Ebenda findet anschließend die Info-Veranstaltung der DAG-Frauen statt: Frauenreferentin Annegret Strom klärt über den „Arbeitsplatz: Haushalt“auf. Und ab 20 Uhr schließlich geht's zum Frauen-Fest in die Shalom-Gemeinde, Lütjenmoor 13. „Trude träumt von Afrika“heißt die Show der „fünf Hamburger Hausfrauen“, die „Kaffeetisch und Häkelnadel gegen Djembe und Baßtrommel getauscht“haben. Dazu werden „Infos, Getränke und internationale Köstlichkeiten“gereicht.

Und wer zwischendurch einige Stunden in den eigenen vier Wänden verbringt, muß auf Frauenbewegtes ebenfalls nicht verzichten: Der Offene Kanal hat dem Anlaß einen Themenschwerpunkt gewidmet – von 16 bis 22 Uhr Hörfunk auf UKW 96,0 MHz; von 18 bis 24 Uhr Fernsehen im Hamburger Kabelkanal 2. Provokanter Titel: „Frauen nicht der Rede wert?“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen