piwik no script img

Schill ist selbst die Verfassung zu lasch

■ Amtsrichter Schill will die Wiedereinführung der Todesstrafe. Hamburgs Oberster Richter, Wilhelm Rapp: „nicht diskutabel“. Rausschmeißen könne er Schill aber nicht.

Eigentlich ist Hamburgs oberster Richter, Wilhelm Rapp, gerne in seinem Amt. Müßte er jedoch in einem Land leben, in dem es die Todesstrafe gäbe, dann wollte er nicht länger Richter sein. Damit reagierte der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts auf die jüngste Äußerung von „Richter Gnadenlos“, Ronald Schill. Der hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, er wäre „nicht gegen die Todesstrafe, wenn sich dafür die notwendige parlamentarische Mehrheit fände“.

Im Namen der Hamburger Richterschaft distanzierte Rapp sich von derartigen Überlegungen entschieden. „Ich kenne außer Herrn Schill niemanden, der die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert“, schickte er vorweg und seine persönliche Meinung hinterher: „Art. 102 des Grundgesetzes, wonach die Todesstrafe abgeschafft ist, steht nicht zur Disposition“. Diese Verfassungsnorm sei für die Justiz eine der wichtigsten Grundentscheidungen. Sie resultiere aus den Erfahrungen mit der Nazidiktatur.

Auch Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem sah den Punkt überschritten, an dem Schills lautstark verbreitete Positionen kommentarlos hingenommen werden könnten. „Die Unantastbarkeit menschlichen Lebens verbietet es dem Staat, einen Menschen für nicht des Lebens wert zu erklären“.

Mit ihrer inhaltlichen Einlassung stiegen die Justizoberen dann allerdings doch auf das Thema ein, das sie zuvor für nicht diskutabel erklärt hatten. Amtsrichter Schill, so die Erklärung Rapps, setze Hamburgs Richterschaft in der Tat immer mehr unter Druck: „Er hat eine Menge Vertrauen in die Justiz zerstört.“

Rapp warnte davor, das sensible Thema Strafrecht und Kriminalität auf dem Niveau von Stammtischen zu behandeln. Die letzten Wochen hätten gezeigt, wie schnell eine solche Diskussion entgleiten könne.

Außer der rein verbalen Erwiderung wird Schills Justizkritik, sein Geschimpfe über eine zu lasche Rechtsprechung und sein persönliches Gegensteuern durch auffallend harte Urteile aber kaum Konsequenzen für ihn haben. Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem hatte ein disziplinarrechtliches Verfahren in Aussicht gestellt, da Schill das „richterliche Mäßigungsgebot“verletzt haben könnte. Ob es aber überhaupt eingeleitet wird, werde noch vom Amtsgerichtspräsidenten geprüft. Eventuelle Sanktionen würden, so Rapp, „im unteren Bereich“angesiedelt sein. „Man kann einen Richter nicht mal eben rausschmeißen“, sprach er Klartext.

Auch wegen seiner aufsehenerregend harten Urteile hat der Strafrichter kaum Konsequenzen zu erwarten. „Betrachtet man seine Entscheidungen, sind dabei einige außerhalb, viele aber auch innerhalb des üblichen Rahmens“, sagte Rapp. Das Präsidium des Amtsgerichtes könne sich allerdings überlegen, ob es den Amtsrichter künftig nicht auf einer anderen Stelle einsetzt. Elke Spanner

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen