piwik no script img

Elbsand in Hamburger Wähleraugen streuen

■ Der Altenwerder Unternehmer Gerd Oestmann will nicht dem Hafenausbau weichen

„Freie Bahn für Altenwerder“, jubelte Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) vor nur drei Monaten. Werner Boelke, letzter Grundeigentümer der ansonsten stadteigenen Elbinsel, hatte sich mit der Stadt Hamburg geeinigt: Er werde seine Klage gegen den Hafenausbau zurück- und im Frühsommer 1998 aus Altenwerder wegziehen. Der juristische Weg für die Hafenerweiterung schien frei. „Stimmt nicht“, bestreitet jetzt, einen Tag vor der Wahl, der Jorker Unternehmer Gerd Oestmann: „Rittershaus streut den Wählern Sand in die Augen.“

Oestmann ist Eigentümer einer Schiffs-Festmacherei, die seine Familie seit den 50er Jahren in Altenwerder betreibt. „Mir gehört auch das Grundstück“, betont er, doch das wolle die Stadt ihm jetzt nehmen. Der Grund: Der Betrieb liegt auf dem Stück Land, das Hamburg in der Elbe versenken will. Zugunsten der Dreh- und Wendekreise für die großen Containerschiffe, die nach Altenwerder kommen sollen. 16 Arbeitsplätze sind bedroht, hält der Jorker dagegen.

Für den Senat ist trotzdem klar: Das Unternehmen muß umgesiedelt werden. „Wir führen Verhandlungen mit Herrn Oestmann und dessen Anwalt“, beteuert Wirtschaftsbehörden-Sprecher Wolfgang Becker. Doch die sehen nach Oestmanns Angaben so aus: „Ein paar Herren waren schon mal hier und haben gesagt: ,Entweder Sie verkaufen, oder Sie werden enteignet.'“Zwar wäre er bereit, „einen Alternativ-Standort“zu beziehen, „aber da muß die Stadt mit Angeboten kommen“. Notfalls will der Unternehmer vor Gericht ziehen.

Das würde die Stadt in arge Zeitnot versetzen: Nachdem das Planfeststellungsverfahren zur „Flächenherrichtung Altenwerder“erfolgreich abgeschlossen wurde, ist das zur „Kaimauer und seeseitigen Zufahrt“angelaufen; die Baugenehmigung wird 1998 erwartet, drei Jahre später soll der Terminalbetrieb aufgenommen werden. Dieser Terminplan kann nur bei einer außergerichtlichen Einigung eingehalten werden, weiß Oestmanns Anwalt Michael Günther.

Derweil lacht sich der GAL-Fraktionschef und Altenwerder-Gegner Willfried Maier ins Fäustchen: Auf seine Anfrage hin mußte der Senat jetzt einräumen, daß außer dem Grundeigentümer Oestmann noch weitere „vier Mietverhältnisse“von dem Kaimauer- und Drehkreisbau „betroffen“sind.

Heike Haarhoff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen