: Keine akzeptierte Drogenpolitik
Fixerstube Billstedt: Stadtteilkonferenz verweigert Kooperation mit neuem Träger. Studie stellt dezentrale Versorgung in Frage ■ Von Elke Spanner
Die Stimme schwankt zwischen Bitterkeit und Trotz: „Wir haben uns nicht gegen Freiraum beworben, sondern auf eine öffentliche Ausschreibung“, stellt Georg Kurz-Lund klar. Dennoch werde die „steps GmbH“ in Billstedt dafür angefeindet, dass sie zum Jahreswechsel die Fixerstube „Drug-Mobil“ vom Verein „freiraum“ übernimmt. Kurz-Lund baut den neuen Gesundheitsraum auf, und damit, dass er hinsichtlich der Akzeptanz des Drogenprojektes bei Null anfangen muss, hat er nicht gerechnet. Die Stadtteilkonferenz Billstedt hat den neuen Träger schriftlich aufgefordert, die Bewerbung zurückzuziehen.
112 MitarbeiterInnen aus 44 Einrichtungen haben den Brief unterschrieben. Sie erinnern an die „erheblichen Anstrengungen“, die sie in den vergangenen Jahren geleistet haben, um Akzeptanz für den Gesundheitsraum von „freiraum“ zu schaffen. „Die Früchte dieser Arbeit“, werfen sie „steps“ vor, „wollen Sie nun ernten“. Das sei unsolidarisch – und keine Grundlage für eine Zusammenarbeit im Stadtteil.
Die Verärgerung darüber, dass die Arbeit der Stadtteilkonferenz durch die Vergabeentscheidung der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) nicht gewürdigt wurde, kann Kurz-Lund nachvollziehen. „Aber das ist nicht unsere Schuld“, hält er dagegen.
Die Kritik richtet sich nicht allein dagegen, dass „steps“ in Konkurrenz zu „freiraum“ getreten ist. Die dortigen MitarbeiterInnen werfen dem neuen Träger auch vor, dass er schlechtere Arbeitsbedingungen einführt. Kurz-Lund bestätigt, dass bei „steps“ die Arbeitsverträge nicht nach dem Bundesangestelltentarif (BAT) abgeschlossen werden – wie es in den Hamburger Einrichtungen bisher üblich war. Dazu Norbert Dworsky, Geschäftsführer von „freiraum“: „Unsere Bemühungen um akzeptable Arbeitsbedingungen werden ausgehebelt.“
Der BAGS dient die erfolgreiche Arbeit des derzeitigen Billstedter Gesundheitsraumes indes als Argument, Kritik an ihrer Drogenpolitik abzuwehren. Gestern erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dietrich Wersich, das Senatskonzept für gescheitert, Fixerstuben dezentral über die Stadt verteilt einzurichten. Er berief sich auf eine Studie, welche die BAGS zusammen mit der Stadtentwicklungs- und der Innenbehörde erstellen ließ. Untersucht werden sollte, ob der Stadtteil St. Georg mit dem Gesundheitsraum „Drob Inn“ ausreichend versorgt ist – und durch das neue „Cafe Drei“ und „Kodrops“ in Eimsbüttel und Altona entlastet wird. Das sei nicht der Fall. BAGS-Sprecherin Petra Bäurle sagt dazu, man müsse ein Jahr Anlaufzeit abwarten, „das dezentrale Drug-Mobil in Billstedt zum Beispiel wird sehr gut angenommen“. Wenn die Ergebnisse der Studie bewertet seien, „wird es eine politische Entscheidung geben“. Vielleicht auch die, dass weitere Druckräume in St. Georg eingerichtet werden.
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