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Roland Koch noch ohne Gegner

Über Neuwahlen in Hessen entscheiden demnächst die Gerichte. Die Landes-SPD will für den Fall der Fälle gewappnet sein, hat aber noch keinen Spitzenkandidaten. Ex-Innenminister Gerhard Bökel hat gute Chancen – und mindestens zwei Konkurrenten

aus WiesbadenKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Noch ist nicht einmal klar, ob es in Hessen zu Neuwahlen kommt. In der SPD hat indes schon die Debatte darüber begonnen, welcher Landespolitiker am erfolgreichsten Ministerpräsident Roland Koch (CDU) herausfordern könnte. Die CDU schießt prophylaktisch gegen den Favoriten, Ex-Innenminister Gerhard Bökel, 54. „Bökel wird nicht Ministerpräsident in Hessen“, prophezeit der Sprecher der Regierung Koch, Dirk Metz.

Bis zu drei Gerichtsentscheidungen über eine mögliche Neuwahl wegen der Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU stehen an. Die Regierungsparteien CDU und FDP hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Monat dem hessischen Wahlprüfungsgericht die Kompetenz absprechen wird zu beurteilen, ob die Landtagswahlen vom Februar 1999 rechtmäßig waren. Selbst wenn diese beiden Instanzen Neuwahlen zulassen, könnte der hessische Staatsgerichtshof als letzte Berufungsinstanz noch intervenieren.

In jedem Fall muss Bökel mit innerparteilichen Konkurrenten rechnen – zum Beispiel dem Oberbürgermeister von Offenbach, Gerhard Grandke (46). „Männer wie Grandke braucht das Land“, sagte Heidemarie Wieczorek-Zeul als Bezirksvorsitzende der SPD Hessen-Süd schon vor knapp zehn Jahren. Da hatte Grandke, der die städtischen Angestellten zu Beamten machte, um Lohnnebenkosten in Millionenhöhe einsparen zu können, gerade zum ersten Mal die OB-Wahl in der Stadt mit der höchsten Rate an Sozialhilfeempfängern in Hessen gewonnen. Von Grandke glauben an der Basis der Partei viele, dass er bei Wahlen „mehr reißen“ werde als Bökel, der nicht gerade ein begnadeter Redner ist.

Auch aus Hanau droht Bökel Konkurrenz: vom „schönen Lothar“ Klemm. Der smarte ehemalige Wirtschaftsminister des Landes wäre zumindest rein optisch ein Kontrastprogramm zu Koch.

Eine stille Niederlage hat Bökel schon hinter sich: Gerne wäre er Parteivorsitzender in Hessen geworden. Doch Bundesfinanzminister Hans Eichel wollte dem Land verbunden bleiben und kandidierte erfolgreich für eine weitere Amtszeit. Die Bündnisgrünen, die sich der SPD im Falle eines Wahlsieges schon einmal als Koalitionspartner empfohlen haben, gehen davon aus, dass Bökel nominiert werden wird. Entweder auf einem Sonderparteitag vor einer möglichen Neuwahl – oder mit Blick auf die reguläre Wahl 2003.

Ungeklärt ist zwischen Bökel und den Grünen allerdings noch der Konflikt um die Flughafenerweiterung. Der Sozialdemokrat will die Landebahn Nord, die Grünen sind dagegen.

Ein „glückloser Zählkandidat“ der SPD sei Bökel, meint Stefan Grüttner, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Sollten Grandke oder Klemm Koch schlagen, hätte Regierungssprecher Metz zwar Recht gehabt, aber doch verloren. Wenigstens den Job in Wiesbaden. Bewerben kann er sich dann als Augur: „Bökel wird nicht Ministerpräsident.“

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