: Eine Streitkultur vom Feinsten
Prima Klima im Senat: Die SPD kritisiert Diepgen und wünscht einen Untersuchungsausschuss zu Landowskys Bankgeschäften, die CDU zerpflückt Strieders Tarifreform für Bus und Bahn – aber von einer Koalitionskrise kann natürlich keine Rede sein
von RALPH BOLLMANN
Wenn CDU und SPD sich streiten, dann ist das Koalitionsklima noch lange nicht belastet. Mag sein, dass SPD-Chef Peter Strieder den CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky am Vortag scharf attackiert hatte – in seiner Funktion als Senator traf er gestern eine feine Unterscheidung: „Im Senat“ sei das Koalitionsklima ausgezeichnet, sagte Strieder vor der Presse.
Im Parlament dagegen sieht es anders aus. Dort steht morgen Landowskys ungeklärte Rolle bei verlustreichen Immobiliengeschäften der landeseigenen Berlin-Hyp zur Debatte. Den Antrag haben zwar die Grünen eingebracht, doch die Sozialdemokraten verfolgen die Demontage des ungeliebten Koalitionspartners nicht ohne Interesse. Indirekt sprach sich Strieder gestern sogar dafür aus, einen Untersuchungsausschuss mit der Causa Landowsky zu befassen. Jeder müsse „ein Interesse daran haben, dass wirtschaftliche Schieflagen aufgeklärt werden“.
Beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) ist dieses Interesse weniger ausgeprägt. Diepgen habe zwischenzeitlich erwogen, die Beantwortung der Grünen-Anfrage hinauszuzögern, wusste Strieder zu berichten – ohne dass Senatssprecher Michael-Andreas Butz widersprach. „Es ist aber nicht verschoben worden“, fügte Butz hinzu. Er verfolge die öffentliche Diskussion „ganz in Ruhe“ und sehe der morgigen Sitzung „mit gelindem Interesse entgegen“, so der Diepgen-Vertraute.
Auch auf anderen Feldern stichelten die Koalitionsparteien munter gegeneinander. Kaum hatte der SPD-Abgeordnete Klaus-Uwe Benneter über CDU-Justizsenator Diepgen und dessen angeblich laxen Umgang mit Sexualstraftätern hergezogen, da zerpflückte auch schon der CDU-Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek die Tarifreform des SPD-Senators Strieder. Was diesen wiederum nicht daran hinderte, sich selbst und dem Senat als ganzem auf die Schulter zu klopfen – schließlich habe man gerade die schwierige Frage gemeistert, den Einzelfahrschein für die U-Bahn um 20 Pfennig zu verteuern.
Folglich solle sich der Senat „von dem, was in der Zeitung steht, lieber nicht irritieren lassen“ – so zitierte Strieder zustimmend den Regierenden Bürgermeister. Der SPD-Chef verriet auch gleich den Grund für seine gute Laune: Der Versuch, der SPD einen Geheimplan zum Koalitionsbruch unterzuschieben, habe Landowsky und die Bankgesellschaft erst richtig in den Mittelpunkt gerückt. „Ob das klug war, wage ich zu bezweifeln“, fügte Strieder hinzu.
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