: Demo gegen rechts
Oslo erlebt größte Kundgebung seit Ende des Krieges. Norwegischer Neonazi in Dänemark festgenommen
STOCKHOLM taz ■ Mit Rufen wie „Nazischwein“ und „Mörder“ empfingen rund 30 DemonstrantInnen gestern um 10 Uhr einen Polizeibus vor dem Amtsgericht von Kopenhagen. In ihm saß der 19-jährige Joe Erling Jahr, der dem Haftrichter vorgeführt werden sollte. Dieser erließ einen Haftbefehl gegen Jahr wegen dringenden Verdachts der Täterschaft an der Ermordung des 15-jährigen Benjamin Hermansen am vergangenen Wochenende in Oslo. Norwegen hat beim dänischen Justizministerium die Auslieferung Jahrs beantragt.
Jahr war der Polizei durch die Maschen gegangen, als sie am vergangenen Wochenende fünf Neonazis wegen dieser Tat verhaftete. In Kopenhagen war er am Donnerstag in eine Fahrscheinkontrolle geraten und der Polizei übergeben worden, als er sich nicht ausweisen konnte.
Etwa zur gleichen Zeit, zu der Jahrs fünftägige Flucht zu Ende ging, hatten sich die BewohnerInnen von Oslo zur größten Demonstration versammelt, die die norwegische Hauptstadt seit der Feier zur Befreiung des Landes von der Nazibesatzung 1945 erlebt hat. Mehr als 40.000 Menschen gingen in einem Fackel- und Demonstrationszug auf die Straße, um ihren Abscheu gegen Nazismus, Rassismus und Gewalt zu bekunden. Er verstehe sie weniger als eine „Nein-Demonstration“, erklärte Ministerpräsident Jens Stoltenberg – norwegische Regierungsmitglieder nahmen ebenso teil wie Vertreter der Kirche und des Königshauses –, sondern „als ein Ja zu einer Gesellschaft frei von Gewalt und Rassismus“. Die anschließende Demonstration durch die Innenstadt führten die Klassenkameraden des ermordeten Benjamin an, die mit Plakaten „Baloo – wir vergessen dich nicht“ und „Baloo“-Sprechchören ihres Mitschülers gedachten, der in der Nacht zum Samstag erstochen worden war. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Universitätsplatz betonten mehrere SprecherInnen, dass eine klare Stellungnahme gegen den Neonazismus nicht reiche, sondern es darum gehe, jeden Tag eine antirassistische Haltung zu leben. REINHARD WOLFF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen