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„Eigentümer sind unnötig“

Jochen Schmidt, Elke Manz und Stefan Rost arbeiten in der Koordinationsgruppe des Freiburger Mietshäuser Syndikats. Sie wollen das Eigentum an Häusern neutralisieren

taz: Bisher war das Mietshäuser Syndikat vor allem im Freiburger Raum aktiv. Dieses Jahr haben Sie drei Hausprojekte aus Berlin neu ins Syndikat aufgenommen. Was macht Ihr Modell zurzeit so attraktiv?

Jochen Schmidt: Seit bei uns Hausprojekte in Tübingen, in Frankfurt/Main und in Halberstadt mitmachen, sind wir bundesweit bekannter. Speziell für Berlin gilt, dass dort letztes Jahr alle staatlichen Fördertöpfe für Selbsthilfe-Genossenschaften gestrichen wurden.

Elke Manz: Und wir haben ein einfaches und praktisches Modell …

Stefan Rost: … das hoch anschlussfähig ist. Jedes Projekt kann Identitäten für sich produzieren, wie es Lust hat. Da gibt es das ehemalige Kasernengelände der „Susi“ in Freiburg mit rund 250 BewohnerInnen in 45 Wohnungen bis hin zu einer Eigentumswohnung, die ins Syndikat eingebracht wurde.

Immerhin förderte das Land Berlin bisher Genossenschaften. Was unterscheidet Ihr Modell davon?

Schmidt: Um an staatliche Fördergelder wie die Eigenheimzulage zu kommen, sind Genossenschaften oft eigentumsorientiert. Wir wollen aber ganz klar das Eigentum an Haus und Grundstück neutralisieren, die BewohnerInnen bleiben MieterInnen. Zudem sind Genossenschaften, je größer sie werden, zwangsläufig zentralistisch organisiert und müssen Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip fällen. Oft entstehen wirtschaftliche Abhängigkeiten der Häuser untereinander.

Manz: Bei uns können die MieterInnen allein über alle ihr Haus betreffenden Fragen entscheiden. Das Syndikat verhindert nur einen Verkauf des Hauses. Auch bei Buchhaltung und Prüfungen ist eine GmbH deutlich einfacher als eine Genossenschaft. Fördermittel für Hausprojekte gab es in Baden-Württemberg noch nie.

Verzichten Sie generell auf staatliche Förderung?

Manz: Wir verzichten nur auf die Eigenheimzulage, bei einem Wohnprojekt in Freiburg haben wir sogar Mittel des sozialen Wohnungsbaus genommen. Und die KfW-Kredite (Kreditanstalt für Wiederaufbau, Anm. der Red.) nehmen auch unsere Projekte gerne in Anspruch.

In Berlin sind Hausgemeinschaften wiederholt während ihrer ersten Jahre als Selbsthilfeprojekt zerfallen. Kennen Sie solche Probleme?

Schmidt: Wenn, dann dass Hausgemeinschaften mit der Zeit träge und unlustig werden. Dies lässt sich aber leider von außen nicht verhindern.

Manz: Oder ein Projekt will keine anderen Projekte unterstützen, weil dies eher freiwillig ist und ans Bewusstsein appelliert. Aber inhaltlich funktioniert das GmbH-Modell.

Entstanden ist die Idee des Mietshäuser Syndikats im Laufe der 80er-Jahre im Häuserkampf in Freiburg. Wie sind Sie auf das Modell gestoßen?

Rost: Wir probierten damals unterschiedlichste Rechtsformen wie Stiftungen und Genossenschaften für die Legalisierung von besetzten Häusern und Wohnprojekten aus. Letztlich ist unser Modell „evolutionstheoretisch“ eher ein Zufallstreffer. Aber auch der Berliner TU-Professor Klaus Novy schlug im Rahmen des Westberliner Häuserkampfes ein ähnliches Modell vor, blieb damals aber ein einsamer Rufer in der Wüste.

Verfolgt das Mietshäuser Syndikat weiter gehende politische Ziele?

Schmidt: Eigentlich können alle MieterInnen ihr Haus selbst organisieren, ein Eigentümer wird nicht gebraucht. Und ganz allgemein wollen wir ein menschwürdiges Dach überm Kopf für alle.

Manz: Deshalb versuchen wir ja, weitere selbst organisierte Hausprojekte anzuschieben.

Und Ihre Perspektive?

Schmidt: Im Augenblick diskutieren wir darüber, ob wir nicht in den neuen Städten eigene Syndikate gründen. Einige Hausprojekte finden aber gerade das gemeinsame bundesweite Syndikat spannend, da es eben mehr ist als eine regionale Lösung. Und jüngst erhielten wir eine Anfrage aus Barcelona. INTERVIEW: CHRISTOPH VILLINGER

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