: Die Burka herrscht weiter
In Afghanistan sind die Frauen auch zwei Jahre nach dem Krieg gegen die Taliban immer noch rechtlos. Amnesty: Lage nicht akzeptabel. Christa Nickels: Frauenrechte für UNO nur Nebensache
BERLIN taz ■ In Afghanistan geht die Gewalt gegen Frauen auch nach dem Sturz der Taliban unvermindert weiter. In einem Bericht kritisiert die Menschenrechtsorganisation amnesty international, dass sich in dem Land die Lage der Frauen seitdem trotz gegenteiliger Versprechen der Weltgemeinschaft kaum verbessert habe. „Die Situation ist unakzeptabel und verlangt dringend nach Aktion“, heißt es. Diskriminierung und Gewalt seien noch immer „weit verbreitet“. Das Papier wurde anlässlich des zweiten Jahrestages des Beginns der Offensive gegen die Taliban veröffentlicht.
Die grüne Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Christa Nickels, sagte der taz, sie habe bei ihrem kürzlichen Besuch in Kabul den Eindruck gehabt, dass auch die UNO dort die Rechte der Frauen als „weiche Themen“ behandelten, die nachrangig zu berücksichtigen seien. „Das ist schlecht, weil man die Frauenrechte jetzt in die Nachkriegsordnung einbauen muss“, kritisierte Nickels.
Sie bestätigte damit einen entsprechenden Vorwurf von amnesty. Denn die Menschenrechtsorganisation hält der internationalen Gemeinschaft vor, in der Zusammenarbeit mit der neuen afghanischen Regierung die Frauenrechte zu vernachlässigen. Teilweise würde die Diskriminierung dadurch sogar verewigt, kritisiert anmesty. Trotzdem fordert die Organisation eine Ausweitung des Mandats der internationalen Schutztruppe Isaf über Kabul hinaus, um landesweit eine Kultur des Rechtsstaats zu etablieren. Der Schutz von Frauenrechten könne ohne rechtsstaatliche Verhältnisse nicht wirksam erreicht werden.
Amnesty kritisiert in dem Bericht insbesondere häusliche Gewalt, erzwungene Eheschließungen und Entführungen. Minderjährige Mädchen, zum Teil erst acht Jahre alt, würde an ältere Männer zwangsverheiratet. Frauen hätten keinen Zugang zur Justiz und würden vor Gericht diskriminiert. Die Justiz sei „einfach unwillig oder unfähig, um sich der Gewalt gegen Frauen anzunehmen“. Gegenwärtig sei es wahrscheinlicher, dass die Justiz die Rechte von Frauen verletze, als dass sie sie schütze.
Nickels setzt ihre Hoffnung auf den zurzeit innerhalb der Regierung diskutierten Verfassungsentwurf, der demnächst offiziell veröffentlicht und im Dezember von einer Ratsversammlung verabschiedet werden soll. Die vorgesehene gemäßigte Scharia sei um vieles besser als das jetzt praktizierte Stammesrecht mit seiner eklatanten Benachteiligung der Frauen. Der Verfassungsentwurf verbietet jede Diskriminierung und hat in seinen frauenrechtlichen Aspekten auch die Zustimmung aller Frauen der Verfassungskommission gefunden. Zugleich betont der Entwurf die Prinzipien des Islam. Wie die interpretiert werden, dürfte für die Zukunft entscheidend sein. HAN
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