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Fernsehduell Merkel – Schröder steht

Nach langem Tauziehen kommt Kanzler Schröder seiner Herausforderin Merkel entgegen und verzichtet auf eine zweite Fernsehdebatte. Das Duell am 4. September wird 90 Minuten dauern. Übertragung in öffentlich-rechtlichem und privatem TV

AUS BERLIN STEFFEN GRIMBERG

Die Sommerlochposse um das TV-Duell zur Bundestagswahl im September hat seit gestern zwei Gewinner. Knapp vor den entscheidenden Verhandlungen von Abgesandten der SPD und der CDU mit den großen Fernsehsendern lenkte die Bundesregierung am Nachmittag ein: Es wird nur einen einzigen Schlagabtausch zwischen Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geben. Das TV-Duell soll 90 Minuten dauern wird am Sonntag, dem 4. September, ab 20.30 Uhr parallel von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 übertragen.

Als Trost für diesen Schritt – die SPD hatte bisher immer auf zwei Runden wie zur Duell-Premiere bei den Bundestagswahlen 2002 gepocht – durfte sich Regierungssprecher Béla Anda für die SPD mit einer rhetorischen Retourkutsche immerhin zum moralischen Sieger erklären. „Wenn Frau Merkel weder Zeit noch den Mut hat, sich zwei TV-Duellen zu stellen, dann soll es eines sein“, hatte Anda kurz vor Beginn der entscheidenden Verhandlungsrunde getönt. Die CDU-Vorsitzende hatte weitere Duell-Termine offiziell immer mit Hinweis auf ihre enge Terminlage abgelehnt. Als ModeratorInnen für das Streitgespräch sind wie 2002 Sabine Christiansen (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Thomas Kausch (Sat.1) gebucht – aber jetzt eben alle zusammen in einer Sendung. Dabei sollen die Themenkomplexe „jeweils paarweise moderiert werden“. Ob es hierbei zur Anstaltssegregation kommt oder die Moderationsteams gemischt öffentlich-rechtlich und privat auftreten, soll noch entschieden werden.

Die Sender und Parteien einigten sich darauf, dass es im Unterschied zu 2002 kein strenges Zeitreglement geben wird. „Alle Beteiligten waren sich einig, dass das Duell möglichst lebendig und spontan verlaufen soll“, heißt es in einer Erklärung der TV-Sender. Die ModeratorInnen sollten lediglich auf etwa gleichgewichtige Redeanteile von Merkel und Schröder achten. Bei den TV-Duellen 2002 hatten sich die Vorbereitung wegen erheblicher Auflagen der Parteien über Wochen hingezogen und zu einer hölzern-undynamisch wirkenden ersten Sendung geführt. Die allzu starren Regeln bis hin zur Kameraführung waren darauf für den zweiten Durchgang abgeschwächt worden.

Neben der SPD sind die TV-Veranstalter Verlierer des gestrigen Tages, da sie nun mit einer quotenträchtigen Sendung weniger auskommen müssen. Und nicht nur das: Sie sind laut Bundeskanzler Schröder mit schuld an der Entwicklung. In einer bemerkenswerten Volte hatte Schröder gestern zwar zunächst erklärt, man solle aus dem Duell-Geplänkel „keine Staatsaktion machen“. Danach hielt er den Fernsehsendern aber indirekt vor, sie hätten nicht mit genügend Nachdruck auf die Durchführung von zwei Duellen gedrungen. Es sei auch eine Frage des Selbstbewusstseins der Sender, wer darüber bestimme, wie die Öffentlichkeit über politische Positionen informiert werde, meinte Schröder.

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