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Plötzliches Ende eines ganz normalen Tiefflugs

■ Wrackteile der abgestürzten Düsenjäger liegen in Gärten und Straßen von Wiesmoor / Aus einem Scheinangriff wurde tödlicher Ernst

Wiesmoor/Bremen (taz) - „Das irre ist: Die fliegen weiter!“ Der Pfarrer Buchhagen von Hinrichsfehn nahe der Absturzstelle in der Nähe von Wiesmoor hat die Tiefflieger noch nie verstanden. Wenige Stunden nach dem Absturz in Ostfriesland übten sie weiter im Tiefflug über die Absturzstelle hinweg - das sähe so aus, als wollten die Militärflieger ihren toten Kameraden eine Ehre erweisen.

Am Freitag nachmittag gegen 15 Uhr war das Gebiet um Hinrichsfehn noch weiträumig abgesperrt und als militärisches Sperrgebiet erklärt. Selbst die Leute in anderen Stadtteilen von Wiesmoor wissen wenig, die Kreisstraße ist gesperrt. Aber in der ersten Stunde nach dem Absturz konnten Anwohner mit dem Fahrrad den Unglücksort ansehen. Durch eine Baumschule zieht sich eine 200 Meter lange Schleifspur. Auf der einen Straße liegen die Gedärme der Piloten, ordentlich mit Farbstrichen gekennzeichnet. Die Wrackteile seiner Maschine liegen in weitem Umkreis in den Vorgärten, in einer Gärtnerei, auf Wiesen und Straßen. Bei einigen Anliegern sind die Fensterscheiben zerborsten. Einem, der zufällig in seinem Auto vorbeikam, schlug ein Teil aufs Dach. Der Mann bekam einen Schock.

Auch Willi Reuß, Augenzeuge des Zusammenstoßes, hat Glück gehabt. Er trat ein paar Minuten vor zehn Uhr gerade aus seinem Haus und wollte zur Garage gehen, als der Crash zwischen den Flugzeugen geschah. In einem spitzen Winkel kam der Tornado auf die beiden Alpha-Jets zu, das hat er genau gesehen - und dann nur den großen Knall gehört, einen Feuerball, der ein paar hundert Meter weiter neben ihm zu Boden ging. Der Absturz traf geradewegs die Mitte von drei hufeisenförmig angelegten Straßenzügen des Ortes, und da sind die Gärtnerei und Wiesen. Einen Bruchteil von Sekunden früher - und die Wrackteile wären auf ihn gestürzt, sagt Willi Reuß. Ein paar hundert Meter weiter ist die Schule, an der morgens um zehn der Unterricht läuft.

Mit dem Absturz in Wiesmoor ist die tödliche Statistik der Bundesluftwaffe bei 545 abgestürzten Maschinen angelangt. Außerdem sind -den britischen Tornado eingeschlossen- 234 andere NATO-Flugzeuge in der Bundesrepublik abgestürzt. In Hinrichsfehn sind Tiefflüge an der Tagesordnung. Zwei Kilometer weiter ist eine Raketen-Station, und die „Scheinangriffe“ der Übungsflieger gehen hart daran vorbei. Offenbar haben sich die Militärs den Kirchturm als Zielscheibe für ihre Sichtflüge gewählt. Bei gutem Wetter muß in der Schule in schöner Regelmäßigkeit der Unterricht für einige Minuten unterbrochen werden, um den Fluglärm vorbeiziehen zu lassen.

Wie hoch flogen die Militärmaschinen an diesem Freitag? Nicht ganz so dicht wie die Tiefflieger, die sonst über die Dächer donnern, schätzt der Augenzeuge Reuß.

Nach dem Knall ging ein Fallschirm vor seinen Augen nieder, aber kein Schleudersitz hing daran. Nur der pilot des Alpha -Jets konnte sich mit dem Schleudersitz retten und liegt jetzt im Krankenhaus Sanderbusch bei Wilhelmshaven. Das andere Flugzeug wurde „durch den Schwung nach der anderen Seite gedrückt, nach Westen hin, und ist da abgestürzt. Man ist ja richtig aufgeregt davon. Man hätte ja selbst getroffen sein können, wenn das so nah ist“, sagt Reuß. Bisher wurde in Hinrichsfehn nur ab und an geredet über die Tiefflüge, auf Anregung des Pfarrers.

K. W.

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