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Keine Asylbaracken am Hafenrand

■ SPD-Landesvorstand gegen Asyl-Sammellager / Hafenbetriebsverein will Baracken nicht mehr bereitstellen / Flüchtlingsrat für Museum, Grüne vergebens vor Ort

Als Sammellager für AsylbewerberInnen gestorben. Foto: Jörg Oberheide

Als die Bürgerschaftsfraktion der Grünen gestern vormittag die Lagerbaracken am Industriehafen besichtigen wollte, da war der Fall eigentlich schon erledigt: Der SPD -Landesvorstand hatte am Freitag die „Einführung von Sammellagern für ausländische Flüchtlinge“ abgelehnt. Stattdessen solle die bisherige Bremer Linie, nämlich die „dezentrale Unterbringung“ von Asylbewerbern, beibehalten werden. Um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen solle der Senat Häuser und Wohnungen anmieten oder aufkaufen und außerdem ein Wohnungsbauprogramm auflegen. Mit wenigen Gegenstimmen hatte der Landesvorstand den Beschluß angenommen. Ausdrücklich wollte er damit dem Sozialsenator Henning Scherf die Möglichkeit verbauen, die Baracken als Unterkünfte für Asylbewerber herrichten zu lassen, und „im Notfall“, so die Sprachregelung der Sozialbehörde, auch zu belegen.

Dort gab es gestern noch keine offizielle Stellungnahme, aber die meisten Mitarbeiter hielten das Projekt Sammellager für „gestorben“. Auch der Besitzer der Baracken, der Gesamt -Hafenbetriebsverein, der dort früher portugiesische Hafenarbeiter untergebracht hatte, will sein Angebot nun zurückziehen.

Der Gesamthafenbetriebsverein hatte der grünen Bürgerschaftsfraktion den Zutritt zum Lager gestern gar nicht mehr gestattet. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als das Loch im Zaum wieder aufzumachen, das Demonstranten am vorletzten Sonntag in den Zaum geschnitten hatten, und das seitdem nur notdürftig mit Drahtenden geflickt worden war. Ein Blick durch die Fenster zeigte den Politikern, daß die Möbel in den Zimmern zusammengeräumt und die Fußböden abgedeckt worden waren. Die Renovierung war vorbereitet, aber noch nicht begonnen worden.

Werden die Räume nun nie mehr benutzt werden? Im Flüchtlingsrat kam schon im Januar eine Idee auf: In den kargen Räumen könnte ein zeitgeschichtliches Museum eingerichtet werden. Thema: Flüchtlinge, Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter. Denn in ihrer Nachbarschaft lagen während des zweiten Weltkrieges Baracken für tausende von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Auch aktuelles Flüchtlingseldend könne dort dokumentiert werden, zum Beispiel mit Fotos aus den Lagern irakischer Kurden im Oster der Türkei, die eine Bremer Parlamentsdelegastion im Januar besucht hat.

mw

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