: Asbestschnee in Rudow
■ Störfall in Rudower Asbestfabrik / Zehn Kilo Asbest verseuchten Umgebung des Eternit-Werks / Anwohner bedroht
Ein Störfall, der eigentlich gar nicht hätte passieren dürfen, hat am Mittwoch früh dazu geführt, daß etwa zehn Kilogramm Rohasbest aus dem Werk der EternitAG in Rudow austraten. Der weiße Asbeststaub bedeckte Teile des Fabrikgeländes, setzte aber auch die Anwohner auf der gegenüberliegenden Seite der Köpenicker Straße Gefahren aus. Er breitete sich, wie Eternit gestern meldete, im Umkreis von 75 Metern aus. Mitarbeiter der Umweltbehörde legten die Anlage bereits am Mittwoch still. Sie waren gestern noch damit beschäftigt, den Fasergehalt in den benachbarten Wohnungen zu messen. Ob Eternit-Mitarbeiter zu Schaden kamen, war gestern nicht zu erfahren.
Zu dem Unfall kam es, weil neben einer Filteranlage auch die Kontrolleinrichtung ausgefallen war, die den Störfall hätte anzeigen müssen. Nachdem etwa um vier Uhr morgens ein verstopfter Filterschlauch geplatzt war, konnten die Asbestfasern anderthalb bis zwei Stunden lang unbemerkt austreten. Erst gegen sechs Uhr registrierte die Firma den Ausfall des Filters. „Dieser Störfall hätte eigentlich gar nicht auftreten dürfen“, erklärte gestern der Sprecher von Umweltsenatorin Schreyer, Thomas Rogalla.
Nach seinen Angaben informierte die EternitAG sofort die Umweltbehörde. Firmenmitarbeiter saugten die sichtbaren Asbestfasern bereits am Mittwoch weitgehend auf. Bis die Anlage instand gesetzt ist und die Grenzwerte wieder eingehalten werden, ruht bei Eternit die Produktion von Asbestzementrohren. Die Umweltbehörde verplombte die Anlage.
Pressesprecher Rogalla widersprach gestern der Auffassung der Firma, bei den zehn Kilogramm Asbest handele es sich um eine „geringe Menge“. Immerhin kann bereits eine einzige Faser Krebs auslösen. Die Firma soll jetzt eine Anlage installieren, die in der Lage ist, die Filter automatisch abzuschalten, wenn ein Störfall auftritt. Darüber hinaus hat der Unfall nach Meinung von Umweltstaatssekretär Groth jedoch gezeigt, daß auch „mit noch so gutgemeinten Überwachungseinrichtungen“ das krebserregende Asbest „nicht sicher beherrscht werden kann“. Der Staatssekretär forderte deshalb Eternit auf, die Asbestproduktion in dem Rudower Werk „schnellstmöglich“ vollständig zu beenden.
Während Spritzasbest heutzutage nicht mehr hergestellt wird, will Eternit noch bis Mitte der 90er Jahre Produkte aus Asbestzement herstellen. Diese Frist, die sich die Industrie freiwillig gesetzt hatte, sei „einfach zu lang“, erklärte Groth. Er will Wirtschaftssenator Mitzscherling auffordern, die Asbestindustrie auf eine schnelle Umstellung der Produktion zu drängen. Darüber hinaus soll es Betriebesenator Wagner nicht mehr zulassen, daß die Berliner Wasserbetriebe Rohre aus Asbestzement verlegen.
hmt
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