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■ Mit DDT auf du und duBöses Erwachen

Berlin (taz) – Billig war das Zeug und enorm wirksam. Insekten aller Art starben schon, wenn sie mit der Pflanze in Berührung kamen, die damit besprüht worden war. Auch ein kräftiger Regenguß schadete einem so behandelten Acker wenig. Das Fraß- und Kontaktgift DDT bleibt langfristig tödlich. Und es löst sich im Wasser nicht auf, die lipophilen Moleküle haften auf dem Pflanzengewebe. Wenn sie doch weggespült werden, wandern sie durch Boden und Grundwasser weiter.

Die Großkonzerne der Chemiebranche, darunter die Schweizer Ciba-Geigy, die deutschen Hoechst und Celamerck und die britische ICI, vertrieben die Chemikalie mit dem unaussprechlichen Namen „Dichlordiphenyltrichlormethylmethan“ in aller Welt. Kein Bauer mochte darauf verzichten, die Werbung versprach wahre Wunder. Der Stoff war universell einsetzbar nicht nur in der Landwirtschaft, wo er kurzfristig den Ernteertrag erhöhte. Er war auch als Desinfektionsmittel in Krankenhäusern und Schulen beliebt.

Das böse Erwachen kam, als der Umweltschaden schon kaum noch zu reparieren war. Schon in den sechziger Jahren tauchten in Afrika die ersten Malariamücken auf, die gegen die bisher bekannten Pestizide resistent waren. Sie hatten gelernt, mit dem DDT in ihrem Körper zu leben. Der Glaube, mit DDT ein Wundermittel gegen die Tropenkrankheit gefunden zu haben, erwies sich als Illusion. Andere Organismen kamen damit weniger gut zurecht als die Stechmücken. Spuren des Stoffes ließen sich bald in allen Nutzpflanzen nachweisen, als besonders belastet erwiesen sich Gewässer und ihre Flora und Fauna. Aber auch der Bestand mancher Vogelarten war gefährdet: Unter dem Einfluß der Chlorverbindung wurden die Schalen der Eier brüchig.

Tatsächlich sind die Wirkungen des DDT keineswegs vollständig erforscht, sicher ist nur, daß es in der Natur extrem langsam abgebaut wird. Das Gift hat deshalb genügend Zeit, sich in jeder Station der Nahrungskette zu gefährlichen Konzentrationen anzureichern. Insbesondere lagert es sich in menschlichem und tierischem Fettgewebe ein.

Die Liste der in Tierversuchen nachgewiesenen chronischen Schäden ist lang: DDT kann Krebs auslösen und die Funktion von Gehirn und Nerven stören. Leber- und Nierengewebe kann zerstört werden. Selbst in niedriger Konzentration kann eine langfristige Belastung Schüttelfröste beim Menschen auslösen.

Solche Befunde hatten einst auch die deutschen Behörden alarmiert. In den siebziger Jahren wurde ein Gesetz erlassen, das nicht nur die Anwendung, sondern auch die Produktion von DDT verbietet. In fünf anderen Ländern gelten bislang noch ähnliche Regelungen, nämlich in Finnland, Norwegen, Schweden, Ungarn und in der ehemaligen Sowjetunion. nh

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