piwik no script img

Grün-schwarze Ehe in Charlottenburg

■ Gemeinsam gegen Untersuchungsausschuß und Bauprojekt / Grüne: Offen nach allen Seiten, aber keine Koalition mit SPD

In Charlottenburg stehen die Zeichen auf Grün-Schwarz. „Unser Verhältnis zur SPD ist zerbrochen“, bilanziert die grüne Fraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), Cornelia Biermann-Gröbner, das bisherige Bündnis mit der SPD. „Wir sind nach allen Seiten offen geworden“, meinte sie, schloß allerdings „eine weitere enge Zusammenarbeit mit der SPD“ in der nächsten Legislaturperiode aus.

Bislang regierte in der Charlottenburger BVV und im Rathaus eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP. Seit der letzten BVV-Sitzung vor zehn Tagen ist das Dreierbündnis endgültig geplatzt. Der Grund: Bei zwei umstrittenen Entscheidungen, dem „Heinrich-Untersuchungsausschuß“ und der geplanten Bebauung des Parkplatzes an der Wieland-/Ecke Leibnizstraße, konnte sich ein Stimmenbündnis aus CDU und Grünen durchsetzen.

Der Untersuchungsausschuß gegen den Wirtschaftsstadtrat Helmut Heinrich (CDU) wurde auf Antrag der CDU und mit den Stimmen der Grünen ohne Abschlußbericht beendet. Der Ausschuß war im Januar 1994 eingesetzt worden, um den umstrittenen Kauf des landeseigenen Grundstücks Ku'damm 26a an den Immobilienmakler Bendzko zu klären. Bendzko hatte kurz vor Ende der öffentlichen Ausschreibung ein formloses Angebot eingereicht und vom Finanzstadtrat Helmut Heinrich (CDU) den Zuschlag erhalten. Bendzko hatte bei der geheimen Ausschreibung zehn Millionen mehr als der Zweitplazierte geboten. Eine Summe, von der nach Abschluß des Vertrags sieben Millionen Mark erlassen wurden. Staub aufgewirbelt hatte der Untersuchungsausschuß bereits zu Beginn, als der Leiter der Ermittlungen, der Rechtsamtsleiter Lothar Gosten, von der CDU abgesetzt werden sollte.

Die Beendigung des Ausschusses begründen die Grünen nun damit, daß sich der Verdacht gegen Heinrich nicht erhärtet habe. Ein Abschlußbericht sei nicht nötig gewesen, meinte Biermann-Gröbner, da im Einstellungsbeschluß vermerkt sei, daß die Parteien weiterhin unterschiedlicher Ansicht über den Verkauf des Filetgrundstücks seien.

Ebenfalls gekippt wurde der Bebauungsplan für das Gelände Wieland-/Ecke Leibnizstraße. Obwohl die CDU bislang für das Projekt aus Büros, Hotel, Läden und 130 Wohnungen votierte, legten die Christdemokraten auf der letzten BVV-Sitzung den von den Grünen stets bekämpften Bebauungsplan auf Eis. Anlaß für die Kehrtwende ist nach Auskunft der Grünen ein Gutachten der Denkmalschutzbehörde, demzufolge die beiden von Kollhof geplanten Ecktürme an der Leibnizstraße die umgebende Kulisse nicht respektierten. Eine gegenteilige Auffassung, die Staatssekretär Wolfgang Branoner von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vertreten hatte, wollten Grüne und CDU nicht zur Kenntnis nehmen.

Daß das Abstimmungsverhalten in beiden Fällen, wie im Rathaus kolportiert wird, zwischen CDU und Grünen abgesprochen war, dementieren die Grünen. Fraktionschefin Biermann-Gräbner meinte jedoch, daß es eine Öffnung ihrer Fraktion zur CDU hin gegegen habe. „Wenn wir uns bei Heinrich gestritten hätten“, sagt sie, „hätte die CDU bestimmt mit der SPD für die Parkplatzbebauung gestimmt.“ Unter den Grünen gilt es inzwischen als ausgemacht, nach den Kommunalwahlen im Oktober selbst das Amt des Baustadtrats zu übernehmen. „Mit welcher Partei wir unsere Ziele dann durchsetzen, bestimmen wir dann von Fall zu Fall“. Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen