■ Kommentar: Soziale Demokratie
Nun hat Berlins SPD-Chef das Zauberwort in den Mund genommen: die öffentliche Diskussion. Man habe es beim letztenmal versäumt, orakelte Detlef Dzembritzki, die Kürzungen der Haushalte öffentlich zur Debatte zu stellen. Nach dem Fraktionsvorsitzenden Böger spitzt also erneut ein Sozi den Mund. Allein wir hören das Pfeifen nicht recht. Die öffentliche Auseinandersetzung über den dramatischsten Schnitt in das Berliner Budget seit dem Krieg ist keine gute Idee: Sie ist das absolute Muß, die Voraussetzung dafür, daß Demokratie nicht beim Sprayer- und Hundekacke-Geschwätz stehenbleibt.
Die SPD ist – müßig, das zu sagen – nicht zu beneiden. Die Frage nach Reform oder Revolution zerreißt die Partei, seit Lasalle und Bebel sie gründeten. In Berlin ist es der SPD immerhin gelungen, trotz der Wahlniederlage das Stichwort schlechthin durchzusetzen: Schulden stoppen, Zukunft möglich machen. Dieser Kurs ist keinesfalls entschieden. Schon gar nicht in der Öffentlichkeit, die sich bald täglich mit Kürzungen gehänselt, konfrontiert, traktiert sieht. Niemand in der Partei glaubt ernsthaft daran, daß dieser Streichkurs durch einen Marathon sogenannter Sparklausuren vermittelbar ist. Die Sozialdemokraten müssen sich endlich auf den doppelten Klang ihres Namens besinnen: Sozial hieße, sozial gerechte Kürzungen in den Ring zu werfen. Sprich: schlanker bauen, weniger Supersubventionen für Hochkultur, Sport und IHK-Spezis.Demokratisch hieße, den Diskurs auch anzustoßen. Sprich: ein Podium aufzubauen, auf dem die Grausamkeiten zur Sprache kommen. Das wäre ein Stück sozialer Demokratie. Christian Füller
siehe Bericht Seite 22
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