■ Mit dem Kanalausbau auf du und du
: Klar Schiff nach Osten

Berlin (taz) – Die Binnenschiffer mit Motorschiffen bis zu einer Größe von 2.000 Tonnen sollen nach dem Jahr 2000 nicht mehr die Elbe, sondern ab Magdeburg den Mittellandkanal und den Elbe-Seitenkanal benutzen. Der würde sie dann bei Lauenburg wieder in die Elbe zurückführen.

Der Mittellandkanal ist die große Ost-West-Wasserstraße im Norden Deutschlands. Er verbindet im Prinzip Oder, Elbe und Rhein – damit auch den Hafen Rotterdam und das Ruhrgebiet mit Berlin oder Tschechien.

Der Mittellandkanal ist jedoch für die immer größeren Schiffe und Schubverbände zu klein. Selbst auf der Elbe fahren bei hohen Wasserständen 3.000 bis 4.000 Tonnen schwere Verbände. Der Kanal wird deshalb ausgebaut. Von Westen her bis Hannover soll er schon für die Expo 2000 genutzt werden. Um bessere Bedingungen als die Elbe zu bieten, muß er auch von Wolfsburg bis Magdeburg mindestens für Schiffe mit einem Tiefgang von 2,80 Meter bereit sein.

Von Magdeburg bis zur Stadt Brandenburg und dann weiter auf der Havel soll die Wasserstraße – der Begriff Straße und nicht etwa Fluß ist für die Verkehrsplaner Programm – im Rahmen des 4,5 Milliarden Mark teuren Verkehrsprojektes 17 der Deutschen Einheit auch die Hauptstadt Berlin anbinden. Auch hier gibt es Protest von Anwohnern und Umweltverbänden. Die Havel müßte nämlich vertieft und verbreitert werden – mit nachteiligen Folgen für die Flora und Fauna des malerischen Flusses. Außerdem ist derzeit eine Streckenführung durch Berlin geplant. Damit müßten die Kanäle auf dem Stadtgebiet samt vielen Brücken verbreitert werden. Das kostet Milliarden.

Jochen Flasbarth, Präsident des Naturschutzbundes, forderte gestern ihn Berlin deshalb noch einmal ein Güterverteilzentrum in Wustermark. An diesem Ort westlich von Berlin könnten Schiffe ihre Güter dann abladen. Sie würden dann mit der Bahn und Lkw in Berlin verteilt.

Die Milliarden in die Ost- West-Verbindungen sind nach Studien der Industrie dringend nötig. Demnach wächst der Verkehr innerhalb der EU in den nächsten zehn Jahren um 40 Prozent. Der Handel mit Osteuropa wird sich gar vervielfachen. Nach einer Prognose der EU wird um die Jahrtausendwende zwei Drittel des Transports über die Straße laufen, 21 Prozent über die Schiene. Immerhin 16 Prozent des Kuchens würde für die energiesparendste Methode abfallen, die Schiffahrt.

Die Binnenschiffahrt ist jedoch in Deutschland in einer desolaten Lage. Die Konkurrenz ist groß, geschätzte 15 Prozent Überkapazität an Laderaum drückt die Preise. Familienbetriebe versuchen mit vielen Arbeitsstunden dennoch ihr Überleben zu sichern. Doch sie werden von mehreren Seiten eingekeilt: Aus Osteuropa kommen zunehmend Schiffe der ehemaligen Staatsredereien. Sie können billig fahren, weil die Arbeitslöhne der Skipper niedrig sind. Großreedereien leisten sich eine moderne Logistik mit teuren Schiffen samt Radar. Damit können sie auch bei Nacht und Nebel fahren. rem