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Welajati droht Bonn mit Verfahren

■ Der iranische Außenminister will eine Verurteilung des Iran im Berliner „Mykonos“-Verfahren verhindern

Berlin (taz) – Morgen trifft Bundesaußenminister Klaus Kinkel am Rande der UN-Vollversammlung mit seinem iranischen Amtskollegen Ali Akbar Welajati zusammen. Neben der Lage im Nahen Osten sollen auch die politischen Implikationen des Berliner „Mykonos“-Prozesses und die Politik des kritischen Dialogs Gegenstand der Unterredung sein. Bereits vorab hat Welajati deutlich gemacht, in welche Richtung er dieses Gespräch führen will. Gegenüber der FAZ erklärte er vor seinem Abflug nach New York, wenn die iranische Regierung von dem Berliner Gericht verurteilt werde, dann könnten iranische Gerichte auch einmal über die deutsche Regierung sprechen. Dabei erwähnte Welajati die iranischen Opfer chemischer Giftgasangriffe des Irak im iranisch-irakischen Krieg und sagte: „Deutschland hat Bagdad bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe geholfen.“ Sein Land erwäge Schadenersatzforderungen gegenüber Deutschland. Wenn „beide Länder sich jetzt nicht klug“ verhielten, könne es „eine endlose Auseinandersetzung geben“.

Im „Mykonos“-Verfahren stehen vier Libanesen und ein Iraner wegen der Ermordung von vier iranisch-kurdischen Oppositionspolitikern vor Gericht. Der Iraner soll Mitarbeiter des dortigen Geheimdienstes sein, wegen des Mordauftrags wurde bereits Haftbefehl gegen Geheimdienstminister Ali Fallahian erlassen. Auch Staatspräsident Haschemi Rafsandschani und der oberste Religionsführer Ali Chamenei wurden von Aussagen des ehemaligen iranischen Staatspräsidenten Bani Sadr schwer belastet. Bani Sadr hatte auch dem Kanzleramtsminister Bernd Schmidtbauer vorgeworfen, sich heimlich mit iranischen Politikern getroffen und Verhandlungen über die Zeit nach dem „Mykonos“-Prozeß geführt zu haben. Dies wurde von der Bundesregierung dementiert. Bundesaußenminister Kinkel – wie auch jetzt erneut sein Kollege Welajati – hat sich immer wieder gegen einen Abbruch des kritischen Dialoges ausgesprochen. Dieter Rulff

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