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Umwandlungs-Wünsche auf breiter Front

■ Ausverkauf von Bauverein-Wohnungen: 530 Mietparteien von Umwandlung bedroht

„Eine neue Umwandlungswelle“ bei Wohnungen des „Hamburger Bauvereins“ befürchtet Willi Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg. Deutliche Anzeichen sprächen dafür, daß mehrere hundert Wohnungen aus dem Bestand des 1990 von der Wünsche AG übernommenen Bauvereins verscherbelt und in Eigentumswohnungen verwandelt werden sollen.

Seit die Wünsche AG sich 1989 satte 90 Prozent der Aktien des früher gemeinnützigen Bauvereins zu Hamburg einverleibte, wird zielstrebig der Ausverkauf betrieben. 5309 Wohnungen hatte sie damals vom „Bauverein“ übernommen, jetzt sind nur noch rund 1.000 in ihrem Besitz. Ganze Wohnsiedlungen fielen professionellen Umwandlern in die Hände. Und ein Ende der Immobiliendeals ist, so Lehmpfuhl, „gerade im Moment überhaupt nicht abzusehen“.

Beispiel Alsterhöhe: Für einen Großteil der 170 Wohneinheiten der Fuhlsbüttler Reihenhaus- und Mehrfamilienhaus-Siedlung beantragte die Wünsche AG bereits vor zwei Monaten beim zuständigen Ortsamt die begehrten Abgeschlossenheitserklärungen. Nur mit ihnen können die Wohnparzellen einzeln als Eigentum verkauft werden.

Zwar ließ Bauverein-Vorstandsmitglied Kai Michael Dudda durchblicken, daß die in den zwanziger Jahren gebauten Wohneinheiten nur „an Mieter und deren Angehörige verkauft werden sollen“, doch denen fehlt oft das nötige Kleingeld zum Eigenheim-Erwerb. Dieter Bernroth, Sprecher der „Interessengemeinschaft von Wünsche-Mietern in Fuhlsbüttel“, ist deshalb sicher: „Wenn die Bewohner nicht anbeißen, werden die Häuser auf dem freien Markt weiterverscherbelt.“

Beispiel Kurveneck in Fuhlsbüttel: Für die Hausnummern 13 und 15 beantragte der Bauverein bereits im Jahr 1992 Abgeschlossenheitserklärungen. Danach passierte lange nichts. Doch der Verkauf der 62 Wohneinheiten ist jetzt lukrativer geworden, da knapp die Hälfte der Wohnungen Anfang des Jahres aus der „Sozialbindung“ kippten und die Mieten bereits bis zu 30 Prozent erhöht wurden. Angst vor einer Eigentums-Umwandlung ihrer Wohnungen haben auch die 44 Mietparteien der Wohnanlage „Puttwiese“ in Langenhorn. Mehrfach wurden hier in den vergangenen Wochen Kaufinteressenten gesichtet, die die Objekte ihrer Rendite-Begierden besichtigen wollten. Dieter Bernroth: „Da Wünsche seine Pläne nicht offenbart, sind die Mieter total verunsichert“.

Nicht ganz zu Unrecht, denn erst im vergangenen Monat verkaufte der Wünsche-Konzern 100 Wohnungen im Stellinger Weg und der Methfesselstraße in Eimsbüttel an die „Veritas-Immobiliengesellschaft“. Im November 1995 hatte der Bauverein gar 160 Wohnungen in Eidelstedt an die Hamburger Grundstücksfirma „Lars Hansen GmbH“ verscherbelt.

Dort läuft die Umwandlung zur Zeit auf Hochtouren: Jedes Wochenende können die MieterInnen den Immobilienanzeigen einer Hamburger Tageszeitung entnehmen, wie ihr Zuhause privaten AnlegerInnen zum Verkauf feilgeboten wird. Marco Carini

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