: Fraueneinstellung unter Strafe
■ Stellensperre im öffentlichen Dienst gilt ausdrücklich auch für Schwangerschaftsvertretungen. Männerdomäne an Hochschulen wird zementiert
Herr Professor hat Konsequenzen angedroht: „Andernfalls werde ich in Zukunft keine Frauen mehr einstellen.“ Das Chauvitum lebt wieder auf an den Hochschulen, seit die Finanzverwaltung einen folgenreichen Ukas bekanntgab. Bei Schwangerschaft oder Erziehungsurlaub darf kein Ersatz mehr angeheuert werden. Die Anweisung gehört zur allgemeinen Stellensperre von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) und gilt für den gesamten öffentlichen Dienst. An den Unis sind die Auswirkungen am nachhaltigsten.
In Referaten und Amtsstuben kann das Arbeitspensum abwesender Frauen meist durch organisatorische Veränderungen kompensiert werden. An der Uni ist das anders. Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen gibt es meist nur ein oder zwei. Darf dafür keine Ersatzfrau die Forschung fortführen, schlägt sich das sofort in der Einstellungspraxis nieder. „Professoren, die man mühsam beknien mußte, eine Frau zu nehmen, kehren nun wieder zum altbewährten Verfahren zurück: Stellen werden nur an Männer vergeben“, berichtet Heidi Degethoff de Campos von der Technischen Universität (TU).
Die Frauenbeauftragte weiß, wovon sie spricht. Reihenweise sind ihr Briefe empörter Professoren auf den Tisch geflattert. Deren Wut richtete sich weniger gegen die frauendiskriminierende Entscheidung aus dem Finanzressort als gegen das schwache Geschlecht. Die zustimmende Botschaft lautet: Wer Frauen einstellt, wird dafür bestraft. Und das an einer Technischen Uni, die fast ausschließlich Männersache ist. An der ganzen Uni üben nur 31 Frauen die Lehr- und Forschungstätigkeit aus – von 532 Professoren. In den naturwissenschaftlich-technischen Fachbereichen der TU steht noch keine einzige Professorin am Katheder.
Dabei wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, das ungleiche Geschlechterverhältnis durch Qualifikation von Frauen zu verändern. Um die Jahrtausendwende geht weit über die Hälfte der Professoren in Ruhestand. „Wenn wir jetzt nicht den Fuß in die Tür bekommen“, so Degethoff de Campos, „dann gilt die Männerdominanz für Jahrzehnte.“
In der Finanzverwaltung sieht man in der rigiden Vertretungsregelung „keine erheblichen Probleme“: „Nicht wegen jeder Schwangerschaft muß eine Vertretung eingestellt werden“, lautet die Auskunft von Finanzsprecher Frank Zimmermann.
Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) ist anderer Meinung. Sie will in „internen Verhandlungen“ den Ukas ihrer Senatskollegin Fugmann-Heesing kippen. Die Landeskonferenz der Frauenbeauftragen hat unterdessen dringend appelliert, das Schleswig-Holstein-Modell zu kopieren. Dort dürfen für werdende Mütter Ersatzkräfte eingestellt werden – trotz Stellensperre. Der PDS-Politiker Benjamin Hoff will das nun auch im Abgeordnetenhaus beantragen. Christian Füller
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