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Für Raver und Großmütter

Englische Sitten unter Hamburger Dächern: Die „Privatzimmervermittlung bed & breakfast“ macht's möglich  ■ Von Silke Gronwald + Almut Siegert

Ein richtig englisches Frühstück mit ham and eggs, Tee und Toast steht in Hamburg zwar nicht auf dem Tisch, dafür aber Brötchen, Kaffee und Frühstücksei, gewürzt mit Tips von „Einheimischen“ über die besten Kneipen, Museen und Einkaufsmöglichkeiten der Stadt. Eine urbritische Einrichtung findet hierzulande immer mehr Anklang: bed & breakfast, Übernachten in privaten Unterkünften.

Vor zweieinhalb Jahren gründeten Susanne Hildebrecht (29) und Stefanie Witt (29) die „Privatzimmervermittlung bed & breakfast“. „Wir wollten eine Alternative zu den teuren und oft anonymen Hotelzimmern bieten“, sagt Stefanie Witt. Die Resonanz war groß: Von der Studenten-WG in Eimsbüttel bis zur Jugendstil-Villa in Blankenese ist alles im Angebot. Die Zimmer werden von den Vermittlerinnen nach den Wünschen ihrer Gäste ausgewählt: „Ob Raver oder Großmutter, für jede und jeden ist das Richtige in der Kartei. In Einzelfällen können wir sogar Unterkünfte mit Babysitting oder Hundebetreuung anbieten.“

Nicht nur für Touristen. Rund die Hälfte der „bed & breakfast“-KundInnen besteht mittlerweile aus Geschäftsleuten. „Um Spesen zu sparen oder in der Fremde Anschluß zu finden, werden statt der teuren Hotelzimmer in der City gehobene Privatzimmer mit Familienanschluß in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes gebucht“, erklären sich das die beiden Geschäftsführerinnen. Heiko Sander (37), Geschäftsmann aus München, bringt es auf den Punkt: „Statt in eine unpersönliche Bettenburg in Hamburgs toter City kehre ich lieber abends in ein gemütliches Zimmer heim. Ich reise schon zum dritten Mal mit b & b.“

Zoff und Zank zwischen Gästen und VermieterInnen sind selten. Vereinzelte Reisende ausgeschlossen, die überrascht und empört sind, weil das hanseatische Frühstücksei nicht von der bayerischen Henne stammt. „Und das Zimmer in der Veganer-WG“, erinnert sich Stefanie Witt, „stellte sich als ziemlich schwer vermittelbar heraus.“ Toleranz von beiden Seiten ist für diese Art des Reisens die Voraussetzung. Die meisten der über 150 AnbieterInnen sehen in der Vermietung neben dem angenehmen Nebenverdienst denn auch eine Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen – sogar eine Ehe soll schon geschlossen worden sein. Ein Vermieter, der einen Gast mit der Begründung zurückwies, Schwarze kämen bei ihm nicht ins Haus, wurde umgehend aus der Kartei gestrichen. „Das ist unsere Freiheit als Selbständige“, meint die Deutsch-Amerikanerin Hildebrecht.

Die Geschäftsidee entstand im Sommer 1993. Ein England-Trip stieß die beiden Frauen auf die Marktlücke in Hamburg. In der Startphase behielten die beiden Existenzgründerinnen zunächst ihre Jobs und funktionierten die Küche von Stefanie Witt als Büro um. Das Telefon wurde schichtweise betreut, „je nachdem wie unsere Arbeitszeiten es zuließen“.

Kurze Zeit später brummte das Geschäft. Schon nach einem halben Jahr wagten die beiden Jungunternehmerinnen den Sprung in die Selbständigkeit und gaben ihre Jobs auf. Seit Mai 1994 existiert das neue Büro in Eimsbüttel, 1995 konnten bereits über 10.000 Übernachtungen unter Hamburgs Dächern arrangiert werden. Und der Erfolgskurs geht weiter: Im Franchiseverfahren expandiert b & b seit Beginn dieses Jahres im gesamten Bundesgebiet.

„bed & breakfast“, Methfesselstraße 49 (Tel.: 040/491 56 66). Die Preise liegen zwischen 45 und 75 Mark pro Nacht, je nach Ausstattung und Lage der Zimmer.

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