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Der millardenschwere Ausbau des Flusses zwischen Straubing und Vilshofen findet nicht statt. Die Donau-Auen bleiben erhalten. Was Umweltschützer seit langem fordern, wird jetzt umgesetzt – weil kein Geld mehr da ist Aus München Felix Berth

Freiheit für die Donau

Was Umweltschützer seit Jahren fordern, das passiert jetzt: Mit 24 Millionen Mark wird die Donau auf ihrem letzten freifließenden Stück zwischen Straubing und Vilshofen schonend ausgebaut – ohne Staustufen, die die Auwälder zerstört hätten und aus dem Fluß einen riesigen See gemacht hätten.

Wie Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber gestern bekanntgaben, soll dafür die Fahrrinne an den flachsten Stellen etwas ausgebaggert werden, so daß die großen Lastkähne mit einer Tiefe von 2,80 Metern immerhin an 145 Tagen im Jahr die Donau befahren können. „Die volkswirtschaftlich sinnvollste Lösung“, so Stoiber.

Staustufen hätten aus dem Fluß einen See gemacht

Was die bayerischen Kanalbauer und die Betonköpfe im CSU-Kabinett seit Jahren fordern, passiert – wenn überhaupt – vielleicht nach dem Jahr 2000: ein Ausbau der Donau mit zwei Staustufen und einem Seitenkanal, der den Fluß das ganze Jahr für die großen Transportkähne schiffbar machen würde. Doch sogar Wissmann scheint nicht an diese Zukunft zu glauben. Wenn im Jahr 2000 die endgültige Entscheidung ansteht, müsse geprüft werden, ob eine perfekt ausgebaute Donau wirklich noch erforderlich sei, sagt Wissmann.

Doch was nach ökologischer Vernunft aussieht, ist in Wirklichkeit vor allem ein Ergebnis der miesen Haushaltssituation. Nach jüngsten Schätzungen hätte der Ausbau der Donau auf der Strecke zwischen Straubing und Vilshofen 1,6 Milliarden Mark gekostet – eine Summe, die zu zwei Dritteln der Bund, zu einem Drittel die bayerische Landesregierung hätte zahlen müssen. Davor scheute Wissmann zurück, was er dem nach Bonn gereisten Stoiber am Mittwoch abend klarmachte.

Damit die CSU-Hardliner, allen voran Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, nicht völlig brüskiert dastehen, wurde nach dem Spitzengespräch die Losung ausgegeben, man halte am „Ziel“ des Donauausbaus fest – nur die Mittel dafür fehlen eben.

Damit ist eines der letzten gigantischen Umweltzerstörungsprojekte, an dem die CSU jahrelang festhielt, erledigt.

So bleiben auch die Auwälder erhalten. Sie können nur an Flüssen entstehen, deren Wasserstand sich übers Jahr hinweg immer wieder ändert – so wie es bisher zwischen Straubing und Vilshofen noch der Fall ist. Staustufen hätten die Auwälder zerstört.

Die zahlreichen bedrohten Arten, die in diesen Auwäldern leben, behalten ihren Lebensraum. Naturschützer haben hier 50 Fischarten gezählt, von denen über 30 auf der roten Liste stehen. Daneben leben hier 400 Schmetterlingsarten, 15 Arten von Amphibien und über 70 Prozent der Vogelarten, die es in Bayern noch gibt.

Verkehrspolitisch wäre der Donauausbau nach den bayerischen Plänen ebenfalls purer Gigantismus gewesen. Denn eine Tiefe von 2,80 Metern, wie von den Kanalbauern geplant, ist selbst auf dem Rhein nicht überall vorhanden.

„Am Mittelrhein ist ein niedriger Wasserstand von zwei Metern gang und gäbe“, sagt Georg Rast vom Aueninstitut des World Wildlife Fund. „Dabei wird auf dem Rhein zehnmal soviel Fracht befördert wie auf der Donau.“

Auch die optimistischen Prognosen für die Schiffahrt auf den deutschen Flüssen, die der Planung zugrunde lagen, sind ziemlich zweifelhaft. Die Kanalbauer in den Verkehrsministerien prophezeiten bisher, daß sich die Transporte auf den Flüssen bis zum Jahr 2010 knapp verdoppeln würden.

Das allerdings erscheint den Wirtschaftsforschungsinstituten ifo und DIW mittlerweile zu hoch gegriffen. Sie erwarten wesentlich geringere Steigerungen.

Auch das Umweltbundesamt verweist darauf, daß sich die großen Lastkähne, für die die Donau ausgebaut werden sollte, vor allem zum Transport von Massengütern wie Kohle oder Erze eignen. Doch in diesem Sektor sei kein enormes Wachstum des Transportaufkommens zu erwarten. Schlußfolgerung des Umweltbundesamtes: Kleinere Schiffe sind besser, weil flexibler – und für die ist der gigantische Flußausbau nicht notwendig.

Zähneknirschen in den Reihen der Betonlobby

Die Rhein-Main-Donau AG (RMD) wollte sich gestern noch nicht von den alten Ausbauzielen verabschieden. Die Firma, die bis zum Ende des letzten Jahres noch dem Freistaat Bayern gehörte, dann aber an drei bayerische Energieversorger verkauft wurde, will sich erst am nächsten Montag zu den politischen Änderungen äußern.

Doch ein wenig Zerknirschung war dem RMD-Sprecher Georg Okrosch schon anzumerken: „Man braucht kein Prophet zu sein, um zu sehen, daß das Planungsverfahren in der alten Form nicht wieder aufgenommen wird.“

Besonders ärgerlich ist für die RMD, daß die Milliardeninvestition der achziger Jahre, der Rhein- Main-Donau-Kanal, nun so sinnlos bleibt, wie die Umweltschützer von Anfang an vorhergesagt haben. Denn der 1992 eröffnete Kanal im Altmühltal ist – gemäß bisherigem Gigantismus bayerischer Politik – so ausgebaut, daß dort das ganze Jahr jene riesigen Lastkähne darauf fahren können, die auf der Donau nun zumindest an manchen Tagen steckenbleiben würden.

Trotzdem wird die Rhein-Main- Donau AG wohl weiterbestehen. Schließlich muß ja im Jahr 2000 „endgültig“ entschieden werden, daß die Donau nicht ausgebaut wird. Bis dahin dürfen die Mitarbeiter der RMD noch ein bißchen Donauausbau spielen – auf dem Reißbrett.

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