: Gesetz zur Verdrängung sauberer Energieerzeuger
■ Das Bundeskabinett beschließt das Ende der Strom- und Gasmonopole. Doch die Liberalisierung des Marktes wird die Energieriesen nur noch mächtiger machen
Bonn (taz) – Der umstrittene Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt zur Liberalisierung der Energiemärkte ist gestern im dritten Anlauf im Kabinett verabschiedet worden. Danach soll die Monopolstellung der neun Energieriesen in Deutschland offiziell abgeschafft werden. Zukünftig soll jeder Anbieter von Strom und Gas seine Kunden über eine Direktleitung beliefern können. Rexrodt verspricht sich davon eine Senkung der Strompreise, die zu den teuersten in Europa zählen.
SPD und Bündnisgrüne kündigten an, die Energierechtsnovelle im Bundesrat zu Fall zu bringen. Ihre Hauptkritik: Die Energiemonopolisten werden dank ihrer mit Gewinnen randvollen Kassen die Konkurrenz durch Preisdumping vom Markt drängen. Anbieter erneuerbarer Energien hätten keine Chance.
Auch das CDU-regierte Sachsen meldet Widerstand an. Es fürchtet um die Existenz seiner – aufgrund von nicht abgeschriebenen Investitionen – teuren Stromerzeuger. Auch den kostspieligen Braunkohletagebau sieht das Land in Gefahr. Sachsen besteht daher auf Sonderregelungen für Ostdeutschland.
Sachsen hatte durch seinen Protest mit dazu beigetragen, daß das Lieblingsprojekt von Günter Rexrodt nicht schon am 25. September verabschiedet worden war. Vor allem aber soll Bundeskanzler Helmut Kohl ein Machtwort gesprochen haben. Er bestand offenbar darauf, zunächst die Bedenken der Kommunen auszuräumen, die um den Verlust von Konzessionsabgaben in Höhe von sechs Milliarden Mark fürchten. Bisher lassen sich die Kommunen von den Stromversorgern dafür bezahlen, daß sie diesen das Recht einräumen, sie ausschließlich mit Energie zu beliefern. Rexrodt versicherte inzwischen, daß die Kommunen weiterhin Konzessionsabgaben erheben könnten, weil ihnen schließlich das Wegerecht für die Stromleitungen gehöre. Die Widerstände sind zwar noch nicht ausgeräumt. Doch wie zu hören war, soll Rexrodt nicht weiter beschädigt werden. Sachsen hofft, im nun bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren seine Vorstellungen durchbringen zu können.
Vor wenigen Wochen hatte auch noch Umweltministerin Angelika Merkel den Gesetzentwurf abgelehnt, weil ihr die „ausreichende Berücksichtigung der umweltfreundlichen Energieerzeugung“ fehlte. Inzwischen hat sie sich überzeugen lassen, daß die Energieunternehmen „auf das Ziel einer umweltverträglichen Versorung verpflichtet werden“. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, kritisierte, Merkel sei „in die Knie gegangen“. Der Gedanke des Umweltschutzes stehe lediglich in der Präambel. Konkrete Vorschriften gebe es nicht. Markus Franz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen