: Christdemokratische Türkengruppe in der Krise
■ Der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen-Union in der Berliner CDU, Uzun, löst mit einem Interview in der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ Ärger aus
Berlin (taz) – Aus seinem politischen Credo hat Ertugrul Uzun, der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Union (DTU), nie einen Hehl gemacht. Er sei, so bescheinigte sich der Berliner Christdemokrat, ein „Wertekonservativer, der es gewohnt ist, flexibel zu denken“. Jetzt hat sich Uzun mit seiner Flexibilität offenbar einen schlechten Dienst erwiesen. Ausgerechnet der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit gab der 29jährige Diplompolitologe und Unternehmer kürzlich ein Interview. Darin empfahl er den Rechten die Integration der Türken, weil diese „ein weniger krampfhaftes Verhältnis“ zur „deutschen Nation“ hätten.
Der DTU-Mitglieder reagierten verärgert: „Dieser Zeitung gibt man einfach kein Interview“, meinte ein führendes Mitglied. Kaum sieben Monate nach ihrer Gründung droht die 80 Mitglieder starke CDU-Organisation, mit der Türken gewonnen werden sollen, in die Isolation zu geraten. Zunehmend reagieren Initiatoren gereizt auf Uzuns Eigenmächtigkeiten. Vor allem der innertürkische Zwist macht der Union mehr und mehr zu schaffen. Er habe unterschätzt, wie „sehr die türkischen Gruppen untereinander zerstritten sind“, so ein DTU-Vorständler. In der Tat: Wohl nirgendwo gehen die türkischen Organisationen derart rauh miteinander um wie in Berlin.
Unzählige Organisationen und Splittergruppen von links bis rechts buhlen um die Gunst der rund 140.000 Landsleute. Beim Kampf um die Vormacht legte sich nun – sehr zum Ärger der deutschen CDU-Mitglieder – die DTU ins Zeug. Anlaß gab ein Spiegel- Text, in der ein türkisches Mitglied der Kreuzberger CDU als islamischer Extremist entlarvt wurde. Die DTU behauptete daraufhin, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde zu Berlin, Mustafa Cakmakoglu, habe das Nachrichtenmagazin gezielt informiert. Pikanterie am Rande: Der 44jährige Cakmakoglu ist nicht nur CDU- Mitglied, er gilt auch als hartnäckiger Widersacher Uzuns, der DTU trat er gar nicht erst bei. Zwar ist der islamistische Extremist unterdessen aus der Kreuzberger CDU ausgetreten.
Die Fehde zwischen Uzun und Cakmakoglu aber beschäftigt jetzt den CDU-Landesvorstand – und demnächst wohl auch die Gerichte. Denn Cakmakoglu droht Uzun mit einer Verleumdungsklage, sollte die DTU ihre Behauptung nicht zurücknehmen. Uzun selbst spielt das Interview mit der Jungen Freiheit herunter. Das Gespräch mit den rechten Wochenzeitungsredakteuren habe er in der Hoffnung gegeben, „vielleicht den einen oder anderen Leser, die ein wenig offener sind, zu erreichen“.
Nicht nur bei türkischen, auch bei deutschen Christdemokraten bleibt die DTU umstritten. Während Cakmakoglu von einem „geschlossenen Club“ spricht, lehnen einige CDU-Rechte die Organisation an sich ab. Zwar genießt die DTU die Unterstützung des Landesvorstands – heute wird erstmals Berlins CDU-Vorsitzender Eberhard Diepgen auf einem DTU- Empfang sprechen. Uzuns Ziel aber, die DTU aufzuwerten und sie als CDU-Forum zu etablieren – womit sie auf Landesparteitagen antragsberechtigt wäre –, wurde bislang strikt abgelehnt. Severin Weiland
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