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Das Mekka der Sammler

Für Leseratten und Bibliophile: Die 7. Nordische Antiquariatsmesse wird am Freitag in der Hamburger Börse eröffnet  ■ Von Klaus Sieg

„Wir sollten den Sammeltrieb nicht belächeln. Da kommt der Jäger zum Vorschein, der wir in der Steinzeit waren“, bittet Gottwalt Pankow um Verständnis für die Besucher der Antiquariatsmesse, die am kommenden Wochenende im Mittelsaal der Hamburger Börse stattfindet. Pankow und seine Mitveranstalter rechnen mit 5500 Bücherwürmern, die auf über 70 Anbieter internationaler Herkunft treffen werden.

Für Leseratten, die gebrauchte Bücher kaufen, um ihren Geldbeutel zu schonen, ist die Messe sicher nicht der richtige Einkaufsort. Preiswertestes Angebot ist ein Exemplar aus der Erstauflage von Horst Janssens „Hensel und Graetel“ für 100 Mark. Wer den Trieb verspürt, eine der Schriften des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard mit persönlicher Widmung an einen zeitgenössischen Politiker zu besitzen, kommt mit 40.000 Mark nicht ganz so billig davon. Mit dem Erwerb derartiger Stücke tätigt der Investor dafür eine inflationssichere Geldanlage. Vorausgesetzt, er kennt sich aus mit Auflagenhöhen, Originaleinbänden und den Preisen am Markt.

Dennoch: Es soll auch Sammler geben, die an dem Inhalt von Büchern interessiert sind. Entsprechend betonen die Veranstalter die Bedeutung des Buches als ein Medium, daß alle Sinne anspreche, und auch für die „Vermittlung der Grundlagen unserer Kultur“ sei es noch immer unersetzlich.

Tatsächlich bietet die Messe einiges an Sehenswürdigkeiten. Die Sammlung der „Robinson Crusoe“-Bearbeitungen des Reformpädagogen Joachim Heinrich Campe aus Billwerder etwa, die zu seinem 250. Geburtstag zusammengestellt wurde. Bunt illustrierte Vorreiter der aufblühenden Kinderliteratur des späten 18. Jahrhunderts. Oder die eher seltenen historischen Technikbücher, mit Konstruktionszeichnungen von 1826 über „die beste und wohlfeilste Feuerungsart“. Wahrscheinlich jedoch werden viele der interessanten Stücke nach der Messe in Privatbibliotheken verschwinden.

Den Anbietern wird es egal sein, wenn sie am Freitag kurz vor der Eröffnung um 15 Uhr ihre Kräfte für den Publikumsansturm sammeln. Das scheint notwendig. Denn nicht selten werden unaufmerksame Händler von ihrer Kundschaft, die schon seit den frühen Morgenstunden vor dem Eingang campiert, überrannt.

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