: Hüpfen und waten
■ „Tor des Feuers“ (So., 20 Uhr, Sat.1)
Er soll ja immer noch einen Vaterkomplex haben, munkelt man. Gegen den großen Heinrich kommt der kleine Götz im Leben nicht an. Dabei ist, wenn man von George spricht, längst der kleine gemeint. Mit Ehrfurcht, Respekt und gelegentlich sogar Bewunderung. Der aber rackert sich ab, als hätte er es immer noch nötig, jeden Job, jeden Stunt selbst zu machen.
„Götz George in ... Tor des Feuers“ – natürlich überläßt Sat.1 dem George den Vorspann zunächst allein. Regie? Buch? Plot? Eigentlich unwichtig. „Götz George kehrt zurück zum Action-Film“, heißt die Botschaft. Im Vorfeld der Schimanski-Reinkarnation kann es nicht schaden, sich noch einmal am Seil eines Hubschraubers durch die Lüfte tragen zu lassen. „Da ich an der Entwicklung des Buches beteiligt war“, erklärt George bescheiden, „haben wir nur solche Action-Szenen aufgenommen, die für mich machbar waren. Die Zuschauer wollen diese Szenen von mir sehen.“ Wollen sie wirklich? Immerhin spielt der große Götz diesmal schon einen Großvater! Immerhin kann er im wahren Leben von einem Motorboot überfahren werden und ist, wie Vater Heinrich, nicht unsterblich. Ist das denn so schlimm?
Das Problem des großen Stars George ist wohl seine Berühmtheit. Natürlich durfte Felix Huby das Treatment nur zusammen mit George erarbeiten, durfte Drehbuchautor Sascha Arango nur schreiben, was George dann auch gern drehen wollte, ist Regisseur Kaspar Heidelbach nur noch das letzte Glied in der Kette.
Und so wurde aus „Tor des Feuers“ das, was daraus werden konnte. Ein echter George. Armer unverstandener Ex-BND-Bulle mit Herz gerät in eine dumme Sache rein, für die er nichts kann, die er aber ausbaden soll. Um ihn herum nur korrupte Beamte, die Tochter eine Nutte, das Herz eine Mördergrube, das Leben ein einziger Schimanski-Tatort. Wäre da nicht der Stasi-Major Tischler, früher sein ärgster Feind, heute sein bester Freund, wären da nicht Enkel Yuri und eine höhere Gerechtigkeit, die darauf wartet, entdeckt zu werden – ja wäre das alles nicht, dann hätte George diese Rolle wohl auch nicht angenommen. So aber darf er durch Schlamm waten und über Dächer hüpfen, seine stahlblauen Augen in die Kamera halten und seine immer gleiche Performance abliefern.
Man kann es sich so richtig vorstellen: George und Kollege Thieme am Set. George soll sich bei seinem Kumpel Tischler bedanken. „Wie wäre es denn, wenn ich sein Gesicht so in die Hand nehmen und ihn küssen würde?“ fragt George den Regisseur, und der sagt nicht: „Das machst du doch immer so, Götz. Ich will mal was Neues von dir sehen.“ Sondern der sagt: „Toll, Götz! Superidee! Das strahlt so eine Wärme aus hinter dem rauhen Typ.“ Und dann machen sie es so. Denn es heißt, am Set läßt sich George von niemandem etwas sagen, den er nicht für besser hält als sich selbst. Und da gibt es eben nur einen. Den alten George. Aber der ist eben schon tot. klab
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