piwik no script img

Neumanns Kriegserklärung an Reemtsma

■ CDU-Landeschef läutet nächste Runde im Streit um die Wehrmachtsausstellung ein

Der Bremer CDU-Landeschef Bernd Neumann bleibt bei seinem Konfrontationskurs gegen die Wehrmachtsausstellung. Ungerührt ließ er gestern ein Ultimatum des Instituts-Vorsitzenden Jan Phillip Reemtsma verstreichen. Dieser hatte von ihm eine Unterlassungserklärung gefordert, in der sich Neumann verpflichten sollte, nicht wieder zu behaupten, in der Ausstellung würden gefälschte Bilder gezeigt. In seiner Antwort auf das Ultimatum stellt Neumann fest, er habe sich bei seiner öffentlichen Kritik an der historischen Unseriosität der Ausstellung immer auf das Urteil ausgewiesener Fachleute bezogen und diese zitiert.

Die für die Ausstellung Verantwortlichen des Instituts für Sozialforschung wollen sich nun mit ihren Rechtsanwälten zusammensetzen. Das Gespräch soll heute vormittag stattfinden. Bis dahin halten sich die Ausstellungsmacher alle rechtlichen Schritte vor.

Ungeachtet dessen ließ der Bremer CDU-Chef gestern seine „Fachleute mit hoher Seriosität“ aus dem Sack, auf die er sich in seiner Ablehnung der Ausstellung beruft. Er verweist dabei auf einen Beitrag des Generalleutnants Hans Poeppel a. D., der zudem Inspekteur des Heeres war. Heute ist Poeppel Vizepräsident der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik. Dieser schrieb, laut Neumann, in der Juliausgabe der Zeitschrift „Europäische Sicherheit“ zu der Ausstellung: „Die Methode bewußter Diffamierung ist dabei sehr geschickt, indem sie die Übereinstimmung von Nationalsozialismus und Wehrmacht mit scheinbar tragfähigen Argumenten untermauert.“ Weiter heißt es, daß in großem Umfang mit Unterstellungen, Verallgemeinerungen, Fälschungen und der Übernahme rein politischer Urteile sowjetischer Kriegsgerichte sowie mit nachweisbaren Unwahrheiten gearbeitet werde.

Desweiteren bezieht sich Neumann auf einen Brigadegeneral a. D., D. Roth, der ebenfalls in Poeppels Text mit den Worten zitiert wird: „Die Ausstellung läßt jegliche wissenschaftliche Methode und Akribie vermissen.“ Der dritte „Fachmann“ im Bunde ist Rüdiger Proske, der nach Angaben von Neumann im Bereich der ARD in herausgehobener Position tätig war und allein 40 Fernsehauszeichnungen für Dokumentarsendungen erhalten hat.

Aus all diesen Kenntnissen zieht Neumann sein Fazit: Keiner wolle und könne die Durchführung der Ausstellung in Bremen verbieten. „Aber das Rathaus als Regierungssitz des Landes Bremen würde – gewollt oder ungewollt – der Ausstellung eine gewissen Autorität und Seriosität verleihen, die ihr aufgrund der Bewertung vieler Fachleute nicht zukommt.“

Was das Hamburger Institut von Neumanns „Fachleuten“ hält, verdeutlicht die Meinung von Ausstellungs-Organisator Hannes Heer zu Rüdiger Proske. Der hatte bereits vorausgesehen, daß der CDU-Politiker den Journalisten zitieren würde. Heer: „Und das ist ein über England abgeschossener Kampfflieger, der als Stichwortgeber von Alt- und Neonazis Erfolg hat.“

Doch damit, daß Politiker Neumann nun Roß und Reiter, sprich die „Fachleute“, beim Namen nannte, untermauert er erstmals seine Aussagen zu der Ausstellung. Sollte Institutsleiter Reemtsma trotzdem gegen Neumann klagen, muß obendrein geprüft werden, ob einer Klage überhaupt stattgegeben werden kann. Neumann ist Mitglied des Bundestages und genießt Immunität. Das heißt, wenn die Staatsanwaltschaft Klage erhebt, daß der Wahlprüfungsausschuß des Bundestages erst prüfen muß, ob die Immunität aufgehoben wird, so eine Sprecherin des hohen Hauses. Allerdings beziehe sich dieser Schutz der Parlamentarier auf Belange des deutschen Bundestags, die bei einer städtischen Angelegenheit eher nicht angetastet seien.

Jens Tittmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen