Zwölf Jahre für „Landshut“-Entführerin Andrawes

■ Das Hamburger Oberlandesgericht verurteilt die einzige überlebende Entführerin des Urlauberjets. Die Aktion war der Höhepunkt im Deutschen Herbst im Jahre 1977

Hamburg (taz) – Rund 19 Jahre nach der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ ist die einzige überlebende Hijackerin vom Hamburger Oberlandesgericht zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der 3. Strafsenat folgte damit dem Antrag der Bundesanwaltschaft, die die Palästinenserin Souhaila Andrawes wegen gemeinschaftlichen Mordes, versuchten Mordes und des erpresserischen Menschenraubes angeklagt hatte. Die Beschuldigte erlitt kurz nach der Urteilsverkündung einen Schwächeanfall, die Sitzung mußte unterbrochen werden.

Andrawes hatte am 13. Oktober 1977 mit drei Komplizen das mit 87 Personen besetzte Flugzeug nach dem Start in Mallorca entführt. Später erschoß der Anführer der palästinensischen Gruppe Flugkapitän Schumann. Nach einem fünftägigen Irrflug stürmte die Grenzschutzsondereinheit GSG9 am 18. Oktober 1977 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu das Flugzeug, befreite die Geiseln und erschoß drei der vier Flugzeugentführer.

Die „Landshut“-Entführung war einer der Höhepunkt im Deutschen Herbst. Anfang September 1977 hatte die Rote Armee Fraktion (RAF) den Arbeitgeberpräsidenten Schleyer entführt, um inhaftierte RAF-Mitglieder freizupressen. Die Entführung des Jets sollte den Druck auf die Bonner Regierung erhöhen. Die Pläne scheiterten. Nach der erfolgreichen Erstürmung des Flugzeuges wurden in Stuttgart-Stammheim die RAF-Mitglieder Ensslin, Baader und Raspe in ihren Zellen tot aufgefunden, wenige Tage später ermordete die RAF den entführten Schleyer.

Andrawes war in Somalia zu 30 Jahren Haft verurteilt worden, kam aber nach rund einem Jahr wieder frei. Anschließend tauchte sie unter und wurde erst 1994 in Norwegen aufgespürt. Im vergangenen Jahr wurde Andrawes an die Bundesrepublik ausgeliefert. wg

Bericht Seite 4, Kommentar Seite 12