: Bürgerinitiativen gegen Masterplan
■ Betroffenenvertretungen befürworten dagegen die bezirkliche Planung. Übereinstimmung beim Straßenrückbau
Bürgerinitiativen, Stadtteil- und Betroffenenvertretungen aus Mitte haben sich gestern übereinstimmend gegen die barocke Masterplanung in der Stadtmitte ausgesprochen. Statt dessen stellten sich die Inititiaven, darunter die Betroffenenvertretungen Spandauer- und Rosenthaler Vorstadt, die Bürgerinitiative Alexanderplatz, die Stadtteilvertretungen Wilhelmstraße und Leipziger Straße hinter die vom Bezirksamt Mitte ausgearbeitete Bereichentwicklungsplanung (BEP).
Im Gegensatz zum Masterplan von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), der am kommenden Freitag vorgestellt werden soll, sieht die gestern präsentierte bezirkliche Planung nicht den Abriß, sondern die Weiterentwicklung der Nachkriegsmoderne vor. So sollen die in offener Zeilenbauweise errichteten Wohngebiete der siebziger Jahre nördlich und südlich der Karl-Marx-Allee in Anlehnung an Quartiersstrukturen verdichtet werden. Einen Durchbruch der Landsberger Allee zum Alexanderplatz lehnen Bezirk und Initiativen gleichermaßen ab. Das gleiche gilt für die geplante Bebauung rund um Fernsehturm und Marienkirche. Auch die Umbauung der Hochhäuser auf der Fischerinsel sowie die Bebauung der Mühlendammbrücke im Stile der Rialto-Brücke in Venedig wird von Bezirk und Initiativen abgelehnt. Ein Mitarbeiter des Stadtplanungsamts sprach in diesem Zusammenhang von der Illusion einer „heilbringenden Vision der mittelalterlichen Stadt“.
Im Gegensatz zur Masterplanung verbindet die Bezirksplanung städtebauliche auch mit sozialen Zielsetzungen und dem Ausbau der Infrastruktur. Als Forderung wird unter anderem formuliert, daß Wohnen für Menschen mit geringem Einkommen auch weiterhin möglich sein müsse.
Die von den Büros Arbeitsgruppe für Stadtplanung (AGS) und Landschaft Planen und Bauen erarbeitete BEP ist die Konkretisierung des 1994 festgelegten Flächennutzungsplans (FNP) auf Bezirksebene. Von Anfang an sei die Planung mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgestimmt gewesen, erklärte die Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert (für PDS). Nachdem die Senatsverwaltung mit dem Masterplan nun eine eigenständige Planung begonnen habe, sei der Bezirk allerdings aufgefordert worden, die Arbeiten an der BEP einzustellen. Baumert plädierte deshalb gegen eine Planung „im stillen Kämmerchen“ und für ein „diskursives Verfahren“ mit allen Beteiligten. Die Bürgerinitiativen forderte sie auf, „sich aktiv in die Diskussion um den Masterplan einzumischen“.
Übereinstimmung zwischen den Vorstellungen von Senator Strieder und den Bezirksplanern herrscht dagegen in den verkehrspolitischen Leitbildern der Planung. Sowohl der Masterplan als auch die BEP sehen eine radikale Rückbauung der Trasse Mühlendamm, Gertrauden- und Grunerstraße sowie die städteräumliche Wiederherstellung des Molkemarkts und des Spittelmarkts vor. Weitgehend einig sind sich beide Planungen auch in der Blockfassung des Gebietes rund um das ehemalige Haus der jungen Talente (heute Podewil) und der Klosterkirche.
Aus dem Hause von Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) hieß es gestern, daß im Grunde „alles diskussionswürdig“ sei. Einzelheiten der Planung sollen der Bau- und Verkehrsverwaltung offiziell allerdings erst am kommenden Dienstag vorgestellt werden. Uwe Rada
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen