piwik no script img

Gefangene erschossen

■ Kaltblütige polizeiliche Hinrichtung löst in Thailand breite Empörung aus

Bangkok (taz) – Die offenbar kaltblütige Hinrichtung von mutmaßlichen Drogenhändlern durch die Polizei hat die thailändische Öffentlichkeit aufgerüttelt.

Zwanzig Stunden lang hatten sich die sechs Männer in einem Wohnhaus in der Provinz Suphan Buri verrammelt und dessen drei BewohnerInnen als Geiseln gehalten. Am Mittwoch früh gaben sie schließlich auf. Einer nach dem anderen trat vor das Gebäude, die Handschellen schnappten zu, und die Polizisten führten die Gefangenen ab.

Doch plötzlich geschah nach Zeugenangaben Unerwartetes: Der stellvertretende Chef der örtlichen Polizei, General Salang Bunnang, ließ alle umkehren, „um im Haus nach Waffen zu suchen“. 30 Minuten später hörten die draußen wartenden Schaulustigen, Journalisten, Kameraleute und Hundertschaften der Polizei Schüsse, in regelmäßigen Abständen. Bald darauf trugen Beamte sechs in weiße, blutbefleckte Tücher gehülle Körper hinaus.

„Es war Notwehr“, antwortete Einsatzleiter Salang den fassungslosen Journalisten. Die Gangster hätten die Beamten plötzlich angegriffen, so daß die zur Waffe greifen mußten. „Diese Leute sind keine Heiligen. Sie haben schon so viele Leute umgebracht, gegen alle gab es bereits Haftbefehle“, rechtfertigte der Vize-Polizeichef die Erschießung der sechs Männer, die bekannte Drogenhändler und Berufskiller seien. Er fügte hinzu: „Heute haben wir ihren Fall abgeschlossen.“ Der thailändische Polizeichef Pochana stellte sich sofort hinter seine Leute: „Ich bin sicher, die Schüsse waren angemessen und notwendig.“

Obwohl die thailändische Polizei noch nie als besonders zimperlich gegolten hat, war diese Reaktion doch wohl zu abgebrüht: Empört kommentierte die thailändische Presse die vermutete polizeiliche Selbstjustiz, AnruferInnen bestürmten die Radiostationen in Bangkok und verlangten eine öffentliche Untersuchung der Vorfälle. Ein Oppositionspolitiker beklagte, daß die verantwortlichen Polizisten bisher unbehelligt geblieben seien. „Die betreffenden Polizei-Offiziere müssen erhalten, was den sechs Männern verwehrt blieb: eine faire Anhörung“, schrieb die Bangkok Post.

Doch der künftige Premierminister Chavalit Yongchaiyudh hat bereits angekündigt, weiterhin mit harter Hand gegen den Drogenhandel, „Feind Nr. 1 der Gesellschaft“, vorzugehen.

Der künftig für den Kampf gegen die Syndikate zuständige Vize- Minister ist ein ehemaliger Untergebener eben jenes Polizisten, der den Einsatz in Suphan Buri geleitet und die Erschießungen zu verantworten hat. Jutta Lietsch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen