: Mit Flirtgesängen nach Untersee
■ Greenpeace-Ausstellung im Postamt 5 entführt ab heute in die „Welt der Wale“
Marineblaue Dunkelheit, Sphärenklänge allüberall und dazu Balztöne und Flirtgesänge in abgedämmten Hochfrequenzen: Mit dieser geräuschvollen Einstimmung will das Umweltschutzunternehmen „Greenpeace“ ab heute im ehemaligen Postamt 5 am Bremer Hauptbahnhof in die „Welt der Wale“ entführen. In der gleichnamigen Ausstellung werden bewegliche Modelle in Lebensgröße sowie Skelette und fossile Knochenfunde gezeigt.
Seit zwei Jahrzehnten kämpft „Greenpeace“ in Wort und Tat für den Schutz der bedrohten Meeressäuger und hat dabei nach eigenen Angaben viele Erfolge erzielt. Demnach wurden Fangverbote für zahlreiche Walarten verhängt. Wie die „Greenpeace“-Walschutzexpertin Antje Helms gestern erklärte, unterlaufen nur noch Norwegen und Japan diese Regelungen. Für die Organisation ist also klar, wer am Öko-Pranger steht. Und doch überrascht es, wie zurückhaltend „Greenpeace“ sich in der Schau auf den ersten Blick präsentiert.
Für Eintrittspreise im Wert eines Kinobillets von zwölf Mark für Erwachsene und sieben Mark für Kinder erwartet die BesucherInnen die nach Helms „erfolgreichste jemals von ,Greenpeace' gemachte Ausstellung“. Bewegliche Modelle von Delphinen, einem Orca und einem Buckelwal bilden den Auftakt der Schau. Im hinteren Bereich gesellen sich Skelette und Fossilien aus zahlreichen Museen sowie aus der Ausgrabungsstätte Gross Pampau in der Nähe Hamburgs hinzu. In pavillonähnlichen und mit Text-Bild-Tafeln behängten Abteilungen und auf Videobändern werden vier Regionen der Welt beispielhaft als Lebensräume von Walen und Delphinen vorgestellt. Informationen zur Biologie, Evolution sowie zu Gefährdungen der Tiere runden das Ganze ab. Eher beiläufig belichtet werden dagegen die Mythen, die sich um Wale und vor allem Delphine ranken.
Bei der Konzeption der Ausstellung, die seit Mai 1994 in sieben Städten in Deutschland und Österreich gezeigt wurde und bislang 700.000 BesucherInnen angelockt haben soll, suchten Helms und Co eine Verbindung von wissenschaftlich fundierter Information und Erlebnisorientierung. Dafür sorgen in erster Linie die dunkle Ausleuchtung und die animierten Modelle, deren Mechanik allerdings aus der Kulisse aus Tiergeräuschen und Sphärenklängen der Sparte „Meditationsmusik“ herauszuhören ist. Man sieht der in den vergangenen zwei Wochen in einer Halle im ersten Stockwerk des größtenteils leerstehenden Postgebäudes aufgebauten Ausstellung an, daß sie für kleinere Räume konzipiert wurde. Fast verloren wirken die Pavillons, obwohl die Halle in beeindruckendem Tempo hergerichtet und die Fläche durch Stoffbahnen auf rund 1.800 Quadratmeter verkleinert wurde. Auch die Chance, die bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückreichende bremische Walfanggeschichte konzeptionell in die Ausstellung einzubeziehen, wurde nicht richtig genutzt. Nur wenige Schiffsmodelle, Werkzeuge und Dokumente erzählen von dieser bedeutenden Epoche aus der Chronik der Hansestadt, obwohl das Übersee-Museum, das Schloß Schönebeck oder das noch nicht wiedereröffnete Focke-Museum jeweils über einen umfangreichen Fundus zum Thema verfügen.
Die großzügige Gestaltung der Schau macht für die VeranstalterInnen indes Sinn: Bis Mitte April 1997 werden rund 90.000 BesucherInnen erwartet.
Und die sind auch nötig, um die Kosten in Höhe von rund 850.000 Mark einzuspielen. Und für die Deutsche Post AG, zu deren Besitz das Gebäude am Bahnhof zählt, ist die Ausstellung eine willkommene Gelegenheit, um möglichen Investoren zu zeigen, wie man die schwer verkäufliche Immobilie nutzen kann. ck
Die „Welt der Wale“ bis zum 17. April täglich von 9 bis 18 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen