■ Am Rande: Phoenix soll nicht fliegen
Erstmals, so beschlossen die Ministerpräsidenten bei ihrer Konfrenz am Mittwoch, will die Politik direkt über Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitbestimmen. Die Rundfunkkommissionen der Länder, so heißt es, sollen beauftragt werden, „das Programm des von ARD und ZDF geplanten ,Ereignis- und Dokumentationskanals Phoenix‘ (...) zu bewerten“. Der thüringische Landesvater Bernhard Vogel, der der Konferenz vorsteht, sagte, es brauche „noch die Bildung eines konkreten Programmkonzepts durch die Ministerpräsidenten“. Der geplante Start des Programms zum 1. April wird damit unwahrscheinlich. Frühestens Ende März soll über die Freigabe der etwa 120 Gebührenmillionen entschieden werden, die die unabhängige Gebührenkommission KEF den Sendern für das Projekt zugestanden hat. Vogel: „Der Betrag wird einbehalten, bis die Entscheidung getroffen ist.“ Mit der Umsetzung einer entsprechenden Drohung aus einer Protokollnotiz im Staatsvertrag bewegen sich die Länder allerdings verfassungsrechtlich auf äußerst dünnem Eis.
Die Münchner ARD-Pressestelle reagierte gestern mit kaum verhüllter Schärfe auf den Beschluß. Der ARD-Vorsitzende Albert Scharf bedauert darin die mögliche Verzögerung von Phoenix. Weiter heißt es: „Es sollte der fatale Eindruck vermieden werden, daß die Programmgestaltung von ARD und ZDF künftig von Entscheidungen der Ministerpräsidenten abhängt.“ Hintergrund sind Klagen des Berliner Privatsenders n-tv (Time Warner, Holtzbrinck) über die vorgeblich öffentlich-rechtliche Konkurrenz, in die Bürgermeister Diepgen mit einstimmte. Dessen Staatskanzleichef Volker Kähne hatte zuvor brieflich für diese Position antichambriert, so daß die CDU-Länder den Beschluß durchbrachten. Die ARD beruft sich dagegen auf die „Bestandgarantie“ der Länder: „Man sollte den (...) Verdacht nicht nähren, es habe sich dabei nur um eine Nebelkerze zur Verschleierung des praktischen Wegfalls der Konzentrationsbeschränkungen für kommerzielle Medien-Tycoons gehandelt.“ Lutz Meier
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