Der Tod kommt eiskalt über ganz Europa

■ Kältewelle fordert im Osten Europas viele Opfer. Obdachlose besonders gefährdet. Im Kaukasus sind 300 Menschen nach einer Lawine eingeschlossen

Berlin (AP/dpa/taz) – Auch die Flucht gen Süden bringt nichts mehr: Das Kältehoch „Tom“ hat ganz Europa – vom Nordkap bis Sizilien, vom Kaukasus bis Paris – mit eisiger Hand umkrallt. Mindestens 50 Menschen sind in den letzten Tagen und Nächten erfroren, die meisten waren obdachlos. Allein in Rumänien fielen 22 Menschen der Kälte zum Opfer; in Bulgarien starben wegen der Kälte acht Menschen, in Polen elf, in Frankreich sechs, in der Tschechischen Republik zwei. In Deutschland war ein Obdachloser am Heiligen Abend in Bamberg erfroren.

Die Meteorologen sind sich einig: So kalt war es seit Jahren nicht mehr. In Berlin wurden in der Nacht zum Sonntag minus 16,4 Grad gemessen – das ist zwar Rekord seit zehn Jahren, aber noch nichts gegen den Tiefststand vom Wochenende: minus 26 Grad in Straubing. Inzwischen werden auf einigen Wasserstraßen Eisbrecher eingesetzt, so auf dem Main-Donau-Kanal. In Norddeutschland sorgten am Sonntag Schnee und Sprühregen für spiegelglatte Straßen. Unfälle gab es bei schwachem Verkehr allerdings nicht.

Ganz anders im Kaukasus: Nachdem mehrere Lawinen die Transkaukasusstraße in Nordossetien verschüttet haben, sind mehr als 300 Menschen im Schnee eingeschlossen. 20 Busse, Lastwagen und Autos sitzen auf dem Rokskipaß und in einem Tunnel fest. Steinschlag und Lawinen gefährden die Bergung durch Hubschrauber. Ärzte und Rettungsmannschaften gelangen nur zu Fuß zu den Eingeschlossenen, die mit Lebensmitteln, warmer Kleidung und Medikamenten versorgt werden. Viele Autofahrer weigern sich aus Angst vor Diebstahl, ihr Fahrzeug zu verlassen.

Die südrussische Stadt Stawropol ist nach tagelangem Schneesturm und starkem Frost von der Außenwelt nahezu abgeschlossen. Busse können nicht mehr fahren, der Flughafen wurde geschlossen. In der Region sind russische Soldaten stationiert, die aus Tschetschenien abgezogen worden sind. Sie leben in Zelten. Das Komitee der Soldatenmütter rief daher die Einheimischen auf, warme Kleidung, Essen oder Unterkünfte zur Verfügung zu stellen.

Schnee und Eis auch in Italien: Der erste heftige Schneefall seit zehn Jahren bescherte den Römern ein Verkehrschaos. In Neapel und auf Sizilien wurden gerade noch null Grad gemessen. Die U- Bahnhöfe in den Großstädten sind rund um die Uhr für Obdachlose geöffnet. Ähnliches geschieht in Frankreich: Die staatliche Eisenbahngesellschaft hat 150 Schlafplätze für Pariser Obdachlose in Liegewagen zur Verfügung gestellt. fg