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Wohnungsverkauf besiegelt

■ Koalition beschloß trotz heftiger Proteste den Verkauf von Bremischer und Gewoba

400 Menschen demonstrierten gestern vor der Bürgerschaft gegen die Veräußerung von Bremischer und Gewoba. Es nutzte alles nichts. Mit Stimmen der großen Koalition wurde der Bürgerantrag von 14.500 BremerInnen abgeschmettert.

Im Klartext heißt dies, daß nun 49 Prozent der Bremischen verkauft werden. Der private Minderheitsgesellschafter wird den Vorsitz im Aufsichtsgremium erhalten. Die Gewoba wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Laut Koalitionsbeschluß verkauft das Land, dem noch 75 Prozent der GEWOBA gehört, 24 Prozent seiner Anteile. Mit diesem einhelligen Votum paukte die große Koalition einen Beschluß durch, mit dem die CDU leben kann. Allein die SPD sah sich gestern in der Bürgerschaft und bei der Demonstration heftiger Kritik ausgesetzt.

Viele der Demonstranten fühlten sich massiv von der SPD getäuscht. Die Partei habe sämtlichen Wahlversprechen zuwidergehandelt. Das mußten sich SPD-Fraktionschef Christian Weber und seine Abgeordneten auch von der Opposition anhören. Genüßlich wedelte AfB-Fraktionschef Friedrich Rebers mit einer Zeitungsanzeige der SPD vom letzten Wahlkampf herum. Inhalt: „Schon 1992 wollte die Union die Gewoba zu 100% verhökern... Klartext: Die Mieten würden explodieren, ... die Erfolge des sozialen Wohnungsbaus vernichtet.“ Diesen ehemaligen Aussagen der SPD schloß sich Rebers gestern auch an. Seine Fraktion stimmte gegen die Privatisierung. Was Rebers nicht so recht klar machen konnte und offenbar wollte, war der Schwenk der eigenen Partei. So mußte er sich dann auch von der CDU vorwerfen lassen, daß die AfB noch Ende 1995 vehement die Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaften gefordert hatte.

Konsequent gegen die Privatisierung hatten sich durchgängig nur die Grünen ausgesprochen. Warum, das machte Karoline Linnert gestern noch einmal klar: „Wenn ein Investor 60 Millionen Mark in die Bremische investiert und eine Rendite von nur fünf Prozent erwartet, müßte sich die Gewinnausschüttung im Vergleich zu heute verfünffachen.“ Das hieße automatisch steigende Mieten, geringe Mittel für Instandsetzungsarbeiten und damit verbunden ein steigendes Mietniveau für ganz Bremen. Auch bei der Gewoba ändere eine breite Aktienstreuung nichts an einer steigenden Renditeorientierung, da der Vorstand einer AG verpflichtet sei, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Linnert: „Die große Koalition verabschiedet sich von einer sozialen Stadtentwicklung.“

Die CDU setzte dem entgegen, daß die maroden Finanzen anders nicht zu sanieren seien. Eine Milliarde Mark Verluste aus dem Vulkan und Kapital für den leeren Stadtreparaturfonds müßten irgendwoher kommen. Es gebe keine Alternative zum Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften, sagte Wolfgang Schrörs, baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Christian Weber, SPD-Fraktionschef, hielt seinen Gegnern vor, „öffentlich Angst zu schüren. Es gebe in dieser Stadt 17.000 Wohnungen, „die öffentlich gefördert werden und sich in privater Hand befinden.“ Die hätten auch keine Horrormieten oder würden verfallen. Zur Zeit habe das Sanierungsprogramm Priorität. Die Reparatur von Krankenhäusern und Schulen könne nicht verschoben werden, weil Bremen auf Einnahmen verzichte. Weber versprach: „Gewoba und Bremische werden keine Spekulationsobjekte.“ jeti

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