: Staatssekretäre, preiswert recycelt
■ Bei der Suche nach einem Staatssekretär für das Kulturressort deutet sich eine Reaktivierung von in den einstweiligen Ruhestand versetzten Staatsekretären an
Am kommenden Mittwoch bittet der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen zu Tisch. Gäste: alle Staatssekretäre, die den vorzeitigen Ruhestand genießen. Damit geht die Suche nach einem Staatssekretär für den Kultursenator Peter Radunski (CDU) in eine neue Runde. Die zwischenzeitlich gehandelte derzeitige Staatssekretärin für Soziales, Verena Butalikakis, ist inzwischen auch bei der CDU aus dem Rennen.
„Aus dem Fundus der Staatssekretäre, wie wir sie jetzt haben, ist für dieses Amt keiner der Richtige“, hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Landowsky Position bezogen. Der Koalitionspartner SPD hat zugleich deutlich gemacht, daß er keinen zusätzlichen Staatssekretär zulassen wird. SPD- Sprecher Peter Stadtmüller verwies auf die „üppige“ Zahl von gegenwärtig 21 Staatssekretären. „Entscheidend für eine Zustimmung ist, daß die Lösung für das Land Berlin kostenneutral bleibt“, weist Stadtmüller den Weg.
Der Leiter des persönlichen Büros des Regierenden Bürgermeisters, Stefan Siebner, dementierte, daß bei dem Treffen über die Besetzung des Staatssekretärspostens beim Kultursenator gesprochen werde. Das sei „mit Sicherheit kein Thema“, hieß es. Ziel des „Gedankenaustausches“ sei vielmehr, mit „sachkundigen Experten, die die Verwaltung von innen kennen und nun von außen betrachten“, zu sprechen. Man strebe durchaus an, einzelne „für Berlin in die Pflicht zu nehmen“, bestätigte Siebner. Dabei könne es beispielsweise um die Betreuung einzelner Projekte der Verwaltungsreform gehen.
An ehemaligen Staatssekretären gibt es keinen Mangel. Gegenwärtig sind 32 beamtete Staatssekretäre im „einstweiligen Ruhestand“, davon fünf erst seit der Neuauflage der Großen Koalition im Januar vergangenen Jahres. Etliche sind deutlich unter 50 Jahre alt. Für die Stadt ein teures Vergnügen: ein ausgeschiedener Staatssekretär erhält zunächst drei Monate lang volle Bezüge (11.701 Mark brutto plus Ortszuschlag), danach vierdreiviertel Jahre lang 75 Prozent des Bruttogehaltes. Die Zahlungen erfolgen auch, wenn der Ruheständler längst einen Job in der freien Wirtschaft angenommen hat. Kosten für das Land: jährlich über drei Millionen Mark.
Dienstrechtlich wäre eine Reaktivierung kein Problem. Hinter den Kulissen werden bereits Namen gehandelt. Genannt wird beispielsweise Lutz von Pufendorf (CDU), der bis 1989 im Kulturressort tätig war. Eine andere preiswerte Lösung: der erst im Mai letzten Jahres in den Ruhestand geschickte Kulturstaatssekretär Winfried Sühlo. Er hat in Radunskis Augen freilich einen entscheidenden Schönheitsfehler: Sühlo ist SPD-Mitglied. Die Bündnisgrünen stehen auch einem Recycling der Staatssekretäre ablehnend gegenüber. Der Senat leiste sich bereits jetzt zuviel Staatssekretäre, vertritt der Abgeordnete Arnold Krause: Selbst eine kostengünstige Reaktivierung vergrößere deshalb den „Mißstand“ nur. Gerd Nowakowski
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