: Sarkuhi soll vor Gericht
■ Teheran bestätigt Verhaftung des Autors
Berlin/Bonn (taz) – Beim Versuch, den Iran zu verlassen, soll Faradsch Sarkuhi in der südwestiranischen Stadt Buscher verhaftet worden sein. Das behauptete gestern der iranische Vizeaußenminister Mahmud Waesi gegenüber dem deutschen Botschafter in Teheran Horst Bächmann. Jetzt solle dem Chefredakteur der iranischen Literaturzeitschrift Adineh wegen „illegaler Ausreise“ der Prozeß gemacht werden.
Die iranische Version wurde gestern in Bonn von einem Sprecher des Auswärtigen Amtes wiedergegeben. Freunde Sarkuhis bezweifeln die Angaben. Laut Waesi soll Sarkuhi am Sonntag festgenommen worden sein. Einem westlichen Journalisten gegenüber hatte jedoch ein Mitarbeiter des iranischen Informationsministeriums bereits am Freitag eingeräumt, Sarkuhi sei festgenommen worden. Sarkuhi war seit dem 27. Januar verschollen, zusammen mit seinem Bruder Ismail. Nach Angaben von amnesty international (ai) wird mittlerweile auch die Adineh- Mitarbeiterin Parvan Ardalan vermißt. ai vermutet alle drei in den Händen des iranischen Geheimdienstes.
Der Fall Sarkuhi weitet sich damit zur deutsch-iranischen Staatsaffäre aus. „Wegen negativer Medienberichte in der Angelegenheit“ hatte ein anderer iranischer Vizeaußenminister am Montag eine Bonn-Reise abgesagt. Eine SPD-Delegation überlegt, ob ihre für kommende Woche geplante Iran-Reise noch sinnvoll ist. Die Politiker wollen auf Sarkuhis Freilassung drängen.
Sarkuhi war zum erstenmal am 3. November 1996 auf dem Flughafen Teheran verschwunden, als er nach Deutschland reisen wollte. Nach 47 Tagen tauchte er auf einer vom Geheimdienst inszenierten Pressekonferenz wieder auf. Die iranischen Behörden behaupteten, Sarkuhi hätte sich in Deutschland aufgehalten. Als „Beweis“ präsentierten sie zwei fotokopierte Seiten seines Passes mit angeblichen Einreisestempeln. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Montag: „Es verdichten sich die Anzeichen, daß die Stempel keine echten Einreisestempel sind.“ Thomas Dreger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen