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„Die probieren alles aus“

Baugigant Hochtief will die Mehrheit beim Konkurrenten: Durch die Deutsche Bank soll das Kartellamt umgangen werden  ■ Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt

Der Baugigant Hochtief und die Deutsche Bank planen offenbar ein freches Bubenstück. Weil das Bundeskartellamt sein vorläufiges Veto gegen die von Hochtief geplante Einflußnahme auf den größten Baukonzern der Republik, die Philipp Holzmann AG, eingelegt hat, sollen die Wettbewerbshüter im Vorfeld der endgültigen Entscheidung ausgebootet werden – mit Hilfe der Deutschen Bank.

Die 56prozentige RWE-Tochter Hochtief mit Sitz in Essen hatte bereits im Sommer 1996 das Aufgebot für die Elefantenhochzeit bestellt. „Braut“ sollte die angeschlagene Philipp Holzmann AG in Frankfurt am Main werden. Doch das Bundeskartellamt erhob aus Berlin Einspruch gegen die geplante Eheschließung der beiden Riesen aus der Baubranche. Eine „Untersagung“ der Wettbewerbswächter aus der Hauptstadt blockiert seit Ende 1996 die Aktien, die Hochtief über das sich bereits im Besitz der Gesellschaft befindliche Aktienpaket von 24,9 Prozent hinaus erworben hatte. Mit zusätzlichen zehn Prozent wäre Hochtief mit einer Beteiligung von rund 35 Prozent der größte Aktionär bei den Frankfurtern geworden – dicht gefolgt von der Deutschen Bank, die knapp 26 Prozent der Aktien von Holzmann hält. Die blockierten Aktien werden bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundeskartellamtes, die für den 9. April 1997 erwartet wird, von der Commerzbank treuhänderisch verwaltet.

Daß Hochtief und Holzmann zusammen den Hoch- und Tiefbaumarkt nicht nur in Deutschland beherrschen würden, steht außer Zweifel. Und deshalb stehen die Chancen für eine Genehmigung der Elefantenhochzeit durch das Bundeskartellamt schlecht. Immerhin erzielen beide Unternehmen zwei Drittel ihrer Umsätze in nur einem Mitgliedsland der EU – in Deutschland. Ein Umstand, der die Kontrollbehörde nach EU- und nach deutschem Recht zwingt, sich mit der geplanten Liaison zu beschäftigen und sie dann auch zu verhindern, wenn diese Prüfung ergeben sollte, daß beide Unternehmen zusammen eine marktbeherrschende Stellung einnehmen.

Doch Not macht erfinderisch – und ruft die Deutsche Bank auf den Plan. Die angepeilte Lösung: Hochtief beschränkt sich wie bisher auf eine Beteiligung an Holzmann von 24,9 Prozent und verkauft die bereits erworbenen weiteren zehn Prozent wieder. Dann hätte sich am Status quo nichts geändert und die Wettbewerbshüter vom Bundeskartellamt blieben draußen vor der Tür. Damit Hochtief aber dennoch Holzmann beherrschen kann, will das Unternehmen zusammen mit der Deutschen Bank einen „Pool“ bilden, in den die Hochtief AG dann ihr Aktienpaket von 24,9 Prozent und die Deutsche Bank ihr Aktienpaket von 25,8 Prozent einbringen würden. Macht zusammen 50,7 Prozent – und damit wäre der „Pool“ der Mehrheitsaktionär bei der Philipp Holzmann AG.

Ob der verabredete Deal funktioniert, ist allerdings noch unklar. Auf Nachfrage der taz erklärte eine Sprecherin des Bundeskartellamtes, daß dann das Verfahren – wenn es nicht doch bei der nationalen Kontrollbehörde verbleiben sollte – nach Brüssel verlagert werde. Ohnehin sei zur Zeit bei fusionswilligen Unternehmen die „Tendenz“ zu beobachten, die nationale Kontrollbehörde zu umgehen und sich der Entscheidung der Wettbewerbswächter der Kommission der Europäischen Union zu stellen. Offenbar herrsche in den Vorstandsetagen der Konzerne der Glaube vor, daß einer Fusion in Brüssel – mit Blick auf alle Mitgliedsstaaten der EU – weniger Widerstand entgegengesetzt werde als von den nationalen Kontrollbehörden. Das aber, sagte die Sprecherin des Bundeskartellamtes, könnte ein Trugschluß sein.

Im Fall von Hochtief und Holzmann könne das Verfahren von Brüssel durchaus wieder an die nationale Kontrollbehörde zurückverwiesen werden. Das sei nach den Zuständigkeitsregeln für die EU-Kommisision und die nationalen Kontrollbehörden dann zwingend geboten, wenn sich auch in Brüssel herausstellen sollte, daß beide Unternehmen tatsächlich mehr als zwei Drittel ihrer Umsätze in nur einem Mitgliedsland der EU erzielten.

Doch noch sei man auch in Berlin in der „Prüfphase“, sagte die Sprecherin der Kartellbehörde. „Die probieren alles aus, und wir werden alles genau kontrollieren.“

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