: Keine Rente für Kriegsverbrecher
■ Senator Beckmeyer erwägt Gesetzesinitiative im Bundesrat
Daß seine Behörde ein „versteinerter Patriarch“ sein soll, der nur „schwerfällig“ reagiert, will Arbeitssenator Uwe Beckmeyer (SPD) nicht auf sich sitzenlassen. Jahrelang hatte das Versorgungsamt Bremen zwei SS-Männern pünktlich die „Opferrente“ überwiesen – insgesamt rund 300.000 Mark. Nachdem die Fernsehsendung „Panorama“ enthüllt hatte, daß die Männer unter Verdacht stehen, an der Ermordung von mehreren tausend Juden beteiligt zu sein, (vgl. taz 14.2), sind die Renten jetzt – zum 1. März – gestrichen worden. Das sei allerdings nicht, wie sein Abteilungsleiter berichtet hatte, auf Drängen des Bundesarbeitsministeriums geschehen, betonte Beckmeyer gestern. Der Senator selbst habe die Initiative ergriffen.
Die vertrauliche Senatsvorlage für die heutige Sitzung liest sich allerdings anders: Erst durch die ARD-Redakteure, die dem Senator für Arbeit zwei Listen mit Namen von insgesamt 36 Personen übersandten, sei die Behörde hellhörig geworden. „Dies war der Anlaß für das Versorgungsamt Bremen, die Renten in beiden Fällen zu entziehen“, heißt es in der Vorlage, die der taz vorliegt. Ob es anläßlich der Bürgerschaftsdebatte im November 1993 keine Überprüfung der Rentenempfänger gegeben hätte, will Hermann Kuhn/ Grüne weiter vom Senat wissen. „Im Versorgungsamt Bremen war es bei der Erstanstragsstellung allgemeine Praxis, bei Angehörigen der Waffen-SS im Document-Center Berlin nach weiteren Erkenntnissen anzufragen“, antwortet der Senator. „Diese Anfragen haben jedoch keine Anhaltspunkte für Kriegsverbrechen ergeben.“ Was Beckmeyer verschweigt: Das Versorgungsamt hat in Berlin nicht etwa nach Kriegsverbrechen, sondern nach Kriegsverletzungen gefragt.
Diese Praxis soll jetzt geändert werden. Über das Bundesarbeitsministerium werden die bundesdeutschen Versorgungsämter jetzt die Listen ihrer Rentenempfänger an die Justizverwaltungen des jeweiligen Wohnortes in alle Welt verschicken. Die Durchsicht der Akten hält Beckmeyer nicht für sinnvoll. „Die haben ja damals nicht freiwillig erzählt, daß sie Kfz-Wärter, äh, 'Tschuldigung, KZ-Wärter waren.“ Die beiden Kriegsverbrecher, die ihre Rente bisher aus Bremen bezogen, müssen jetzt mit der Ausbürgerung aus den USA rechnen. Wenn sie nach Deutschland abgeschoben werden, hätten sie hier einen Anspruch auf Rente. „Das ist ja absurd, das ehemalige Kfz-Wärter, äh, 'Tschuldigung KZ-Wärter hier eine Rente bekommen“, findet Beckmeyer. Er will deshalb prüfen, ob es Sinn macht, über den Senat im Bundesrat eine Gesetzesinitiative einzubringen, die Kriegsverbrechern den Rentenanspruch aberkennt. kes
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