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Rücktransport billiger als Behandlung

■ Kritik an Charité wegen „Abschiebung“ kranker Illegaler

„Im Zweifelsfall auch gegen den Willen der Kranken“, so der Vorwurf antirassistischer Gruppen, versuche die Charité, ausländische PatientInnen, die nicht versichert und bei denen die Kostenübernahme nicht geklärt sei, in Krankenhäuser in ihre Herkunftsländer zu transportieren. Dagegen protestierten gestern 50 DemonstrantInnen, unter anderem vom Büro für medizinische Flüchtlingshilfe, der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration und der Antirassistischen Initiative vor und in der Charité.

Eine 37jährige hochschwangere Polin sei vor zwei Wochen als Notfallpatientin von ihrer behandelnden Gynäkologin in die Charité eingeliefert worden, so der konkrete Fall, mit dem die Gruppen den Verwaltungsleiter Jürgen Tägert konfrontierten. Die illegal in Berlin lebende Frau habe ihr Kind per Kaiserschnitt entbunden und sei wenige Tage nach der Operation von den behandelnden Ärzten unter Druck gesetzt worden, sich in Polen weiterbehandeln zu lassen, obwohl sie nicht zurückwollte. Das Argument der Ärzte: Da die Kranke nicht versichert sei, gelte sie als Privatpatientin und verschulde sich jeden Tag mehr, in Polen sei die Behandlung billiger. Erst nach massiver Intervention der behandelnden Gynäkologin habe die Charité von dem Krankentransport abgesehen.

Ein weiterer Vorwurf: Der Patientin sei während des Krankenhausaufenthaltes außerdem ihr Paß abgenommen worden. Die Paßabnahme findet Tägert legitim: „Wenn es Patienten gibt, die ohne Geld versuchen, eine Behandlung zu bekommen, dann ist das als Sicherheit zulässig.“ Außerdem bestätigte der Verwaltungsleiter, daß ausländische PatientInnen ohne Krankenversicherung auf Kosten der Charité in einem Krankenwagen oder per Flugzeug zurückgeführt würden – allerdings nur „freiwillig“. Tägert sind rund zehn Fälle aus dem vergangenen Jahr bekannt. Zu dem Fall der Polin konnte er nichts sagen. Ingrid Reisinger, Stellvertreterin des Ärztlichen Direktors, verwies auf die Kosten, die durch die illegalen Patienten entstünden. So hätte das Bett der schwangeren Polin täglich 940 Mark gekostet, eine Rückführung mit dem Krankenwagen sei dagegen wesentlich billiger.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Ärztekammer, Ulla Peitz, betonte, daß bei jedem Einzelfall geprüft werden müsse, ob die PatientInnen überhaupt in der Verfassung seien, über einen Rücktransport zu entscheiden. Außerdem müßten die Behandlungsmöglichkeiten in den Heimatländern genauso gut sein wie in Berlin. Der bündnisgrüne gesundheitspolitische Sprecher, Bernd Köppl, appellierte an die Senatsgesundheitsverwaltung, sich endlich mit illegalen PatientInnen und dem Problem der Kostenübernahme auseinanderzusetzen. Die Charité sei damit „überfordert“. Köppl forderte einen speziellen Fonds für die Krankenhäuser, aus dem die anfallenden Kosten bezahlt werden könnten. Julia Naumann

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