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Die Union will ihren Blüm abspecken

Die heutige Sitzung der CDU-Spitzengremien wird die Eckpunkte für das Rentenpapier festklopfen: Die „Familienkasse“ ist bis auf weiteres nicht mehr in der Diskussion  ■ Von Severin Weiland und Markus Franz

Bonn (taz) – Am Ende wird Bundesarbeitsminister Nobert Blüm wohl nicht völlig nackt dastehen. Aber vor der heutigen Sitzung von CDU-Vorstand und -Präsidium, auf der ein Kompromiß zur Rentenreform für den Kleinen Parteitag am 19. März abgesegnet werden soll, wurde sein Modell zurechtgestutzt. Die Einführung einer Familienkasse, die Blüm vor vier Wochen als Zukunftsentwurf präsentiert hatte, wird mindestens auf das nächste Jahr vertagt. Denn auch Blüms Hausmacht, Nordrhein-Westfalens CDU, hatte davon jüngst Abschied genommen.

Ursprünglich sollten über eine Mehrwertsteuererhöhung jährlich 15 bis 17 Milliarden Mark in die neue Kasse fließen, um daraus Rentenansprüche aus Kindererziehungszeiten zu finanzieren. Bislang ist dies keine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weil Beamte, Selbstständige und Besserverdienende nicht in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen.

Auf die für die Familienkasse vorgesehenen Milliarden will die CDU aber nicht gänzlich verzichten. Sie hat schon eine andere Verwendung dafür gefunden. Im Leitantrag soll formuliert werden, daß diese Steuermittel von 1999 an die Rentenkasse entlasten sollen. Ein Vorschlag der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) zielt außerdem darauf ab, ein Gros der Summe für die Aussiedlerrenten auszugeben, die derzeit noch von der Rentenkasse getragen werden.

Offen ist, ob die Anhebung der Altersgrenze von 65 auf 67 als Option in dem Antrag für den Kleinen Parteitag berücksichtigt wird. Diese parteiinterne Forderung war auch von Norbert Blüm nicht ausgeschlossen worden. Eine zügigere Absenkung des Rentenniveaus von derzeit 70 Prozent (bei 45 Jahren Beitragszahlungen) auf 64 Prozent noch vor dem Jahr 2030 hatte der Arbeitsminister jedoch wiederholt abgelehnt.

Schlechter stehen hingegen die Chancen für die Variante eines Kapitalstocks oder Generationenfonds, wie ihn die CDU-Rentenkommission auf Druck junger CDU-Parlamentarier berücksichtigt hatte. Zuvor hatte die unabhängige Rentenkommission beim Arbeitsministerium dieses Modell wegen volkswirtschaftlicher Risiken abgelehnt, weil für eine Umstellung auf eine weitgehende kapitalgedeckte Rente zehn Billionen Mark aufgebracht werden müßten. Der SPD gilt die Rente zumindest in den nächsten 15 Jahren als sicher. Das aktuelle Finanzierungsproblem sei politisch herbeigeführt worden und könne ohne Basteleien am System gelöst werden, sagte gestern der SPD-Rentenexperte Rudolf Dreßler auf dem Alterssicherungskongreß seiner Partei in Bonn.

SPD will Bundeszuschuß, FDP die Privatvorsorge

Um die Beiträge wieder auf unter 20 Prozent zu drücken, schlug die vom SPD-Sozialpolitiker geleitete Kommission vor, versicherungsfremde Leistungen in Höhe von 14,2 Milliarden Mark aus Mitteln des Bundeshaushaltes zu erstatten. Dreßler zufolge habe die Bundesregierung absichtlich das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung unterminiert, um das Rentensystem umbauen zu können. Die Ursache für die Schwierigkeiten der Rentenkasse sei allein die Krise auf dem Arbeitsmarkt. Wirkungsvollstes Mittel sei daher die Arbeitsmarktpolitik. Um den Beitragssatz in den nächsten Jahren von heute 20,3 auf 19,3 Prozent zu senken, könnten Fremdrenten (beispielsweise Renten für Aussiedler) und Opfer von DDR-Willkürakten aus Bundesmitteln finanziert werden.

Auf Vorschläge zu einer Gegenfinanzierung der 14,2 Milliarden Mark verzichtete die Kommission allerdings – diese Leistungen dienten schließlich der Erfüllung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben.

SPD-Chef Oskar Lafontaine forderte als zusätzlichen Pfeiler der Altersvesorgung eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital und am Gewinn der Unternehmen. Mit den Kapitalerträgen aus diesen Unternehmensbeteiligungen könnte die gesetzliche Rente im Alter aufgestockt werden. Ferner befürwortet der SPD-Chef eine Ausweitung der betrieblichen Altersversorung, auf die bisher rund 46 Prozent aller Arbeitnehmer Anspruch haben. Lafontaine bekräftigte, die Pläne der Regierung zur Besteuerung von Renten und Lebensversicherungen abzulehnen. Eine drastische Kürzung der Renten sei mit der SPD nicht zu machen.

Die FDP-Bundestagsfraktion legte gestern einen Rentenentwurf vor. Die Liberalen wollen die betriebliche Altersversicherung und die private Altersvorsorge ausbauen, ohne neue Finanzmittel zu beanspruchen. Bei ihrem Reformvorschlag setzt die FDP weniger auf eine „unsichere Rentenformel“, die die längere Lebenserwartung berücksichtigt, so die Rentenexpertin Gisela Babel. Vielmehr sollte das Rentenniveau in festgelegten Schritten reduziert werden. Eine „Familienkasse“ lehnen die Liberalen ab.

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