: Vergleichsweise klar
■ Prozeß: Seeler halbwegs rehabilitiert
Aus seinem Unverständnis machte Richter Dieter Krause keinen Hehl. Er könne den „Aufwand“nicht nachvollziehen, den die Medien in diesem „Spektakel“betrieben, bekannte der Vorsitzende noch ehe gestern die Verhandlung vor dem Hamburger Landgericht richtig begonnen hatte. Manches, worum es in diesem Verfahren ginge, sei im Vergleich zu den übrigen Vorwürfen gegen den HSV doch „fast harmlos und unbedeutend“. Der Sitzungssaal 347 des Ziviljustizgebäudes war dennoch gerammelt voll.
Angesichts der beengten Verhältnisse war die Atmosphäre ausgesprochen locker. Fast wirkte es, als ob auch die Parteien ihren Spaß an syntaktischen Spielchen gehabt hätten: Auf der einen Seite die beiden Anwälte des HSV, die am 28. Februar eine Einstweilige Verfügung gegen den ehemaligen Mitarbeiter Frank Frede („Vetternwirtschaft und Machenschaften“) erwirkt hatten, auf der anderen Seite jene „Dreckschleuder“(Uwe Seeler), die Widerspruch eingelegt hatte, samt Rechtsbeistand. Da wurde „lange gerätselt“, offenbarten sich „Schwierigkeiten beim Verständnis“bestimmter „Bedeutungsinhalte“. Der zwischendurch ins Klamaukige abdriftende Rechtsstreit gipfelte in der Äußerung von Landrichter Krause, er könne ja wohl kaum „verbieten, daß es keinen Sinn gibt“.
Am Ende kam doch etwas Konkretes heraus: ein Vergleich. Der 31jährige frühere Merchandising-Leiter Frede gab eine Unterlassungserklärung ab. Er werde, so der zentrale Punkt, nicht wieder behaupten, Seeler, der gestern gar nicht erschienen war, habe sich bei der Vermietung einer Lagerhalle persönlich bereichert. Das Verfahren wurde „für erledigt“erklärt, über die Prozeßkosten wird noch entschieden.
Mehr als eine kurze Atempause gibt es nach Ende dieses Verfahrens für die HSV-Führung jedoch nicht. Montag steht der Arbeitsgerichtsprozeß gegen den gefeuerten Marketing-Leiter André M. Klöpper an. Der besteht weiterhin auf einer Abfindung von 600.000 Mark. Darüber hinaus hat der HSV Strafantrag wegen Fredes „verleumderischer Äußerungen“gestellt.
Und Schatzmeister Jürgen Engel, der sich beim Verkauf von Fanartikeln an den HSV bereichert haben soll, will noch gesondert gegen Frede vorgehen.
Clemens Gerlach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen