: Dubiose Verbindungen
■ Steckt hinter dem Lübecker Brandanschlag etwa das Rotlichtmilieu?
Nur mit Glück entging die Prostituierte Annegret G. 1995 einem Anschlag durch einen Molotowcocktail, den Unbekannte in ihre Lübecker Wohnung geschleudert hatten. Die Täter wurden nie ermittelt, die Frau aber wurde auch nach dem Anschlag mehrfach massiv bedroht. Was bisher unbekannt war: Zwischen dem Anschlag auf Annegret G. und der Brandstiftung auf das Lübecker Flüchtlingsheim im Januar 1996 existiert eine Querverbindung: Die Prostituierte war mit dem Flüchtling Sylvio Amoussou liiert, der bei dem Lübecker Mordbrand unter ungeklärten Umständen ums Leben kam.
Für den Lübecker Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Schultz spielt diese Querverbindung jedoch keine Rolle: „Nach gesicherten Erkenntnissen besteht kein Zusammenhang zu der Brandstiftung in der Lübecker Hafenstraße.“Annegret G. hat da Zweifel: In der aktuellen Ausgabe des Spiegel mutmaßt sie, daß die Männer, die sie bedroht hätten, sich „möglicherweise“an ihren Freund Amoussou gehalten hätten. Immerhin habe der Flüchtling noch zwei Tage vor seinem Tod einen der regelmäßigen Drohanrufe gegen seine Freundin entgegengenommen.
Annegret G. war tief in das Lübecker Rotlichtmilieu involviert und arbeitete zudem als V-Frau für die Lübecker Kripo. Dort galt sie als „gefährdete Person“, da ihre Spitzeltätigkeit aufgeflogen und sie aus dem Milieu heraus massiv bedroht und sogar vergewaltigt worden war. Möglicherweise befürchteten die anonymen Anrufer also, daß Amoussou über Dinge informiert war, die sie in den Knast hätten bringen können.
Auch die Rolle zweier Lübecker Polizeibeamter bleibt dabei dubios. Die beiden Drogenfahnder Detfred D. und Immanuel D. betreuten Annegret G. als V-Frau. Bereits wenige Tage nach dem Lübecker Brandanschlag legten sich die Ermittler darauf fest, daß der Libanese Safwan Eid der Hauptverdächtige sei; andere Spuren – auch ins Lübecker Rotlichtmilieu – wurden kaum verfolgt. In der Sonderkommission zum Brandanschlag saßen auch die beiden Lübecker Kripo-Beamten: Detfred D. und Immanuel D. Marco Carini
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