„Der Dialog half den Verfolgten nicht“

■ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve zum Konflikt mit dem Iran

Nach dem Urteil im „Mykonos“- Prozeß haben die europäischen Staaten ihre Botschafter aus Teheran abgezogen. Von Seiten der USA wird darauf gedrängt, auch künftig eine einheitliche, harte Haltung gegenüber dem Iran einzunehmen. In der kommenden Woche werden die Außenminister der Europäischen Union über ihr weiteres Vorgehen gegenüber dem Iran beraten.

taz: Wie sollten die deutsch-iranischen Beziehungen aussehen, jetzt, nachdem der „kritische Dialog“ ausgesetzt ist?

Freimut Duve: Reduziert auf ein Minimum, aber dieses Minimum muß mit den anderen Europäern gemeinsam durchdacht und organisiert sein, so daß bei Menschenrechtsfällen, auch bei der Hilfe für einzelne Verfolgte, diese neue Gemeinschaft der Europäer zum Zuge kommt. Das ist die Form, die in Europa jetzt avisiert wird und die von den demokratischen Kräften der iranischen Opposition auch gefordert wird.

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die jüngsten Äußerungen des Auswärtigen Amts, denen zufolge es nach Suspendierung des „kritischen Dialogs“ schwieriger geworden sei, sich für Regimekritiker wie den iranischen Schriftsteller Faradsch Sarkuhi einzusetzen?

Das ist nicht nur peinlich, sondern auch in der Sache falsch, denn gerade in einzelnen Menschenrechtsfragen war in der Vergangenheit der „kritische Dialog“ nun wahrlich nicht das Instrument der Hilfe.

Inwiefern nicht?

Daß während des „kritischen Dialogs“ im vergangenen Sommer Schriftsteller in der Wohnung eines deutschen Diplomaten haben verhaftet werden können, ist ein Hinweis darauf, daß der „kritische Dialog“ auf einer kulturellen Wolkenebene stattfand und die iranischen Behörden sich eher geschützt fühlten vor deutscher oder europäischer Intervention in Einzelfällen. Der „kritische Dialog“ hat nach meiner Kenntnis den Einfluß Deutschlands im Zusammenhang mit der Hilfe für einzelne Verfolgte nicht erhöht. Die unglaubliche Form der Mißhandlung Sarkuhis hat ja genau vor Beendigung des „kritischen Dialogs“ stattgefunden.

Kann Außenminister Kinkel nach dem Scheiterns dieses Dialogs Ihrer Ansicht nach überhaupt im Amt bleiben?

Für den Außenminister der Bundesrepublik ist der Iran eine zwar wichtige, aber keineswegs eine zentrale Aufgabe. Da außerdem der „kritische Dialog“ ein Beschluß der EU-Minister war, stellt sich die Forderung nach einem Rücktritt Kinkels für mich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Interview: Bettina Gaus